Ernst Brust, ein renommierter Sachverständiger und Gründer des Prüfinstituts velotech.de, hat über drei Jahrzehnte hinweg den Normenausschuss Fahrrad maßgeblich geprägt. Seine unermüdliche Arbeit und sein Engagement haben entscheidend zur Entwicklung von Sicherheitsstandards und Normen für Fahrräder beigetragen, insbesondere für Lasten- und Transporträder. Brusts Einfluss auf die Fahrradindustrie ist unbestreitbar, und seine Bemühungen haben die heutigen Sicherheits- und Qualitätsstandards nachhaltig geprägt. Durch seine Arbeit wurden sowohl nationale als auch europäische Normen entscheidend weiterentwickelt und verbessert.
Beginn der Normungsarbeit (1972–1984)
Die Arbeit im Normenausschuss Fahrrad nahm 1972 unter der Leitung von H. Kalikohn ihren Anfang. Schon 1973 wurde ein erster Normentwurf erstellt, der in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich weiterentwickelt wurde. 1976 erschien die erste Ausgabe der DIN 79100, die als Basis für die Sicherheitsstandards im Fahrradbau diente. Diese Norm wurde 1984 in einer zweiten Ausgabe mit geringfügigen Änderungen veröffentlicht und somit weiter gefestigt.
Überarbeitungen und Fortschritte in den 80er und 90er Jahren (1988–1998)
In den späten 1980er und 1990er Jahren erfuhr die DIN 79100 umfassende Überarbeitungen und neue Entwürfe. Das Bundesministerium für Forschung und Technologie unterstützte diesen Prozess durch verschiedene Projekte. Dank der engen Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg und anderen Forschungseinrichtungen konnte die Norm auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. 1997 erschien die vierte Ausgabe der DIN 79100, erweitert und als „DIN Plus“ bezeichnet, um den gestiegenen Anforderungen der Industrie gerecht zu werden.
1998 wurde die überarbeitete Norm erstmals auf der IFMA Köln präsentiert. Dieser Meilenstein markierte den Beginn der europäischen Normungsarbeit und leitete den Übergang von nationalen zu europaweit gültigen Standards ein. Ernst Brust legte damit den Grundstein für die zukünftige Internationalisierung der Fahrradnormung.
Internationalisierung und europäische Normen (2000–2015)
Ab dem Jahr 2000 verlagerte sich die Normarbeit zunehmend auf europäische Ebene. 2006 wurden die ersten europäischen Normen für Fahrräder veröffentlicht, darunter spezifische Standards für Rennräder, Mountainbikes und Kinderräder. Diese Normen legten erstmals einheitliche Sicherheitsanforderungen für Fahrräder in ganz Europa fest. Ernst Brust spielte in diesen Jahren eine zentrale Rolle bei der Überarbeitung und Implementierung dieser Normen und unterstützte die Weiterentwicklung der DIN-EN-Standards, die in den europäischen Normenkatalog aufgenommen wurden.
2011 begann eine umfassende Überarbeitung aller bestehenden DIN-EN-Normen für Fahrräder. In den folgenden Jahren wurden weitere wichtige Standards eingeführt, darunter die EN 15194 für Pedelecs und E-Bikes sowie die ISO 4210 für allgemeine Fahrräder im Jahr 2015. Diese Entwicklungen trugen maßgeblich zur Standardisierung und Sicherstellung der Qualität von Fahrrädern bei, insbesondere angesichts der wachsenden Beliebtheit von E-Bikes und Pedelecs.
Initiative zur Lastenradnorm DIN 79010 (2012–2019)
Ein besonders bedeutender Abschnitt in Brusts Karriere begann im Jahr 2012, als er einen Normungsantrag für Lastenräder stellte. Trotz anfänglicher Skepsis der Fahrradindustrie, die meinte, dass eine spezielle Norm für Lastenräder nicht nötig sei, setzte er sich für die Entwicklung der DIN 79010 ein. Zusammen mit einem Team von acht Experten begann er die Arbeit an der Norm, die über acht Jahre bis zur Veröffentlichung im Jahr 2019 dauerte.
Diese Norm legte erstmals spezifische Sicherheitsanforderungen für Lasten- und Transporträder fest und wurde 2020 zur Grundlage der europäischen Norm DIN EN 17860. Mit der wachsenden Nachfrage nach Lastenrädern, insbesondere in urbanen und logistischen Anwendungen, stürzte sich die Industrie zunehmend auf diesen Sektor. Brust konnte so der Branche durch sein vorausschauendes Engagement einen wichtigen Dienst erweisen, der sich nun in einem sicheren und standardisierten Einsatz von Lastenrädern widerspiegelt.
Anerkennung und Auszeichnung
Für seine herausragenden Leistungen im Bereich der Fahrradnormung wurde Ernst Brust mit der Beuth-Denkmünze des DIN ausgezeichnet. Diese Ehrung würdigt seinen unermüdlichen Einsatz und seine umfassende Expertise, die die Fahrradindustrie und -sicherheit maßgeblich geprägt haben.
Darstellung der Sicherheitsrisiken von Lastenrädern
Neben seiner Normungsarbeit hob Brust in mehreren öffentlichen Berichten die Sicherheitsrisiken und potenziellen Mängel bei Lastenrädern hervor. Illustrationen und Berichte zeigten strukturelle Schwachstellen, Bremsprobleme und Gefahrenquellen auf, die bei bestimmten Konstruktionen von Lastenrädern auftreten können. Brust warnte vor den Gefahren durch mangelnde Stabilität, die durch Faktoren wie hohe Geschwindigkeit, fehlerhafte Bremskonstruktionen und Rahmenrisse verstärkt werden können. Diese öffentlichen Warnungen und Analysen trugen dazu bei, dass Sicherheitslücken frühzeitig erkannt und in zukünftigen Normen berücksichtigt wurden.
Fazit
Ernst Brusts Karriere im Normenausschuss Fahrrad ist geprägt von visionärem Engagement und einem tiefen Verständnis für die technischen und sicherheitsrelevanten Anforderungen der Fahrradbranche. Seine Arbeit hat sowohl die deutsche als auch die europäische Fahrradindustrie nachhaltig beeinflusst und Standards geschaffen, die die Sicherheit und Qualität von Fahrrädern und Lastenrädern gewährleisten. Brusts Engagement hat dazu geführt, dass Lastenräder und Fahrräder heute als sichere und verlässliche Transportmittel gelten, die den wachsenden Anforderungen an Mobilität und Nachhaltigkeit gerecht werden. Seine Normungsarbeit bildet bis heute die Grundlage für Innovationen und sichere Standards in der Fahrradindustrie.
Text und Bild: Marco Brust und Ernst Brust, www.velotech.de