Christian Morgenroth, Geschäftsführer von Lucky Bike, einem der größten deutschen Fahrradhändler mit über vierzig Standorten und einem Onlineshop gibt Einblicke in die aktuelle Marktsituation und zukünftige Entwicklungen der Fahrradbranche.
Was ist die aktuelle Lage für den Fahrrad-Einzelhandel?
Die Lage ist angespannt. Wir hatten einen durchwachsenen Sommer mit sehr schlechten und sehr guten Monaten. Aktuell stecken wir in einer Ausnahmesituation: Auf der einen Seite haben wir
Überbestände, weil seit einem Jahr die Lieferketten vollständig funktionieren und alles nachgeliefert wird, was jemals bestellt wurde. Diese Überbestände führen zu extremen Sonderpreisen im Netz
und auf der Verkaufsfläche, um alles loszuwerden. Ich prognostiziere, dass sich die hohen Rabatte in den nächsten Monaten nicht ändern werden. Viele Marktteilnehmer müssen so handeln; Die meisten
finden das nicht toll, aber das ist aktuell die Realität. Lucky Bike hat das Tal der Tränen nun durchschritten. Mit unseren Bestellungen für 2025 haben wir so reagiert, dass sich das Problem im
nächsten Jahr auflösen wird.
Was ist der Grund für diese Situation?
Eine Erklärung hängt mit den sogenannten Bio-Bikes zusammen. Während der Corona-Pandemie sind plötzlich viele Menschen Rad gefahren, um dem ÖPNV zu entgehen und die Nachfrage war riesig. Im
letzten Jahr wurden deutschlandweit insgesamt über eine Million Bio-Bikes weniger als zum Corona-Höhepunkt gekauft und das dürfte in diesem Jahr nicht besser aussehen. Anders gesagt: In 2023
wurden insgesamt zwanzig Prozent weniger Bikes verkauft als in 2020, weil das E-Bike diesen Trend nicht kompensieren konnte. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Nachfrage nach Fahrrädern
grundsätzlich gestört ist.
Wie sollen Händler diese Herausforderungen bewältigen?
Es ist falsch, die Branche totzureden. Das Fahrrad bleibt ein Teil des nachhaltigen Mobilitätskonzepts der Zukunft. Ja, die Delle ist da, aber wir werden sie überwinden. Wir haben eine volatile
Nachfrage, und das wird auch so bleiben. Insgesamt können wir sagen, dass bei uns die Nachfrage nicht gesunken ist; auf einen schlechten Monat folgte bisher immer ein guter Monat. Außerdem bleibt
Leasing ein hervorragender Umsatztreiber: Mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmenden haben bisher noch gar keinen Zugang zum Radleasing. Da steckt noch richtig Potenzial drin.
Auf was muss sich die Branche einstellen?
Ich bin positiv gestimmt: Angebots- und Preisseitig haben wir ein Problem, aber die Nachfrage ist da. Ich hoffe natürlich, dass wir am Tiefpunkt der Preisschlacht angekommen sind und der Markt
sich wieder beruhigt. Ich erwarte mit Spannung, wie sich die Preissituation in den kommenden Monaten entwickeln wird. Aus meiner Sicht ist ab 2025 die Zeit für weniger Überbestände und mehr neue
Ware gekommen. Spätestens zum Herbst 2025 erwarten wir bei Lucky Bike den Normalzustand. Ich wünsche allen Marktteilnehmern, dass wir alle gut durch diese Phase kommen, und freue mich nach
diversen Ausnahmezuständen auf einen „ganz normalen Geschäftsbetrieb“.
Infos: http://www.lucky-bike.de/