Fahrradindustrie kritisiert geplante gesetzliche Neuregelung beim Thema Fahrradbremsen

IBS Collage Magura ©
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Aussagen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr zufolge ist eine gesetzliche Verschärfung beim Thema Fahrradbremsen im Rahmen der Novellierung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vorgesehen. Demnach soll zukünftig eine Mindestbremsverzögerung von Fahrrädern in der StVZO enthalten sein. 

Von der Bundesanstalt für Straßenwesen wurde kürzlich der Wert von 5 m/s2 genannt. Jedes zukünftig in Deutschland in den Verkehr gebrachte Fahrrad müsste diese Anforderungen erfüllen. Der ZIV – Die Fahrradindustrie hat gegenüber dem Ministerium zu diesem Vorhaben bereits schriftlich Stellung bezogen. Aus der Stellungnahme heißt es:

 

Seit vielen Jahren sind Anforderungen an die Bremswirkung von Fahrrädern in verschiedenen Normen enthalten. Derzeit sind in den zuvor genannten Normen entweder Mindestbremsverzögerungen von 3,4 m/s2 oder maximale Bremswege von 7 m (für City- und Trekkingräder) bzw. 6 m (für MTB und Rennrad) aus 25 km/h vorgeschrieben. Die angegebenen Bremswege entsprechen einer Verzögerung von 3,4 m/s2 (für City- und Trekkingräder) bzw. 4 m/s2 (für MTB und Rennrad). Hinsichtlich der Mindestanforderungen an Fahrradbremsen stellt dies den aktuellen Stand der Technik dar. Dieser findet unter anderem in ganz Europa sowie Amerika, China und Japan Anwendung. 

 

Neufassung sehr kritisch

Die in der Neufassung der StVZO enthaltene Mindestbremsverzögerung von 5 m/s2 für alle Fahrräder sieht der ZIV als Vertreter der deutschen und europäischen Fahrradindustrie sehr kritisch. «Die uns zur Verfügung stehenden Unfallzahlen von Fahrrädern lassen keine Schlüsse zu, dass die derzeit normativ geforderten Mindestbremsverzögerungen nicht ausreichend sind und es dadurch zu Unfällen von Radfahrenden gekommen ist», erklärt Tim Salatzki, Leiter für Technik und Normung beim ZIV. «Fahrräder haben im Gegensatz zu Pkws und Motorrädern einen deutlich höheren Schwerpunkt, der Auswirkungen auf die Stabilität während des Bremsvorgangs hat. Erfahrungen im Bereich von Unfallgutachten und Prüftätigkeiten haben gezeigt, dass es typischerweise ab einer Verzögerung von 6 m/s² zu Überschlägen (Abgehen über den Lenker) des Radfahrenden kommt. Die in der StVZO geforderte Mindestverzögerung vom 5 m/s² liegt gefährlich nah an dieser Überschlagsgrenze», so Salatzki weiter. Eine sehr hohe Bremswirkung könne so bereits bei einer sehr geringen Betätigung des Fahrradbremshebels einsetzen.

 

Die Erfahrung von Sachverständigen und von Herstellern aus diesem Bereich hat gezeigt, dass der entscheidende Faktor für einen möglichst kurzen Bremsweg nicht ausschließlich die Bremse, sondern die fahrende Person und die Oberfläche, auf der gefahren wird, darstellt. Sehr häufig wird, aus Angst vor einem möglichen Überschlag über den Lenker, nicht ausreichend stark durch die fahrende Person gebremst. Somit wird die, derzeit in den Normen festgelegte, mögliche Bremsverzögerung nicht ausgeschöpft. Eine Erhöhung dieser Verzögerungswerte würde zu keiner Verbesserung der Bremswege führen. Es ist eher möglich, dass es zu einer Verschlechterung der realen Bremsverzögerungen kommt, da die Bremse unerwartet stark und gegebenenfalls für ungeübte Personen auch unharmonisch reagiert.  

 

Fahrradindustrie arbeitet an Verbesserung von Bremsen

Der ZIV arbeitet mit seinen Mitgliedsunternehmen intensiv daran, die Bremswege von Fahrrädern effektiv zu verkürzen. Hierzu befinden sich derzeit verschiedene Systeme in der Entwicklung bzw. wurden schon auf den Markt gebracht. Dazu zählen unter anderem das Antiblockiersystem (ABS) sowie die Verbundbremse (CBS bzw. IBS), bei der durch Betätigung eines Bremshebels, die Bremskraft der Vorder- und Hinterräder automatisch auf beide Räder verteilt wird. «Für die allgemeine Verkehrssicherheit ist die Einführung einer Mindestbremsverzögerung von 5 m/s2 kein Gewinn, weshalb wir darauf hoffen, dass das Ministerium seine Pläne überdenkt», so Salatzki abschließend.

 

www.ziv-zweirad.de