Illegales Tuning von Pedelecs ist ein Thema, das in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Pedelecs, auch bekannt als E-Bikes, sind Fahrräder, die mit einem Elektromotor ausgestattet sind, der den Fahrer beim Treten unterstützt. In vielen Ländern, einschließlich Deutschland, ist die Geschwindigkeit, bei der der Motor Unterstützung bietet, gesetzlich auf 25 km/h begrenzt.
Illegales Tuning bezieht sich auf Modifikationen, die vorgenommen werden, um diese Geschwindigkeitsbegrenzung zu umgehen. Dies kann durch den Einbau eines leistungsfähigeren Motors, die Verwendung einer speziellen Software oder durch andere technische Eingriffe erreicht werden.
Ernst Brust, ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Mikromobilität, betrachtet den Markt für S-Pedelecs als illegal wachsend. Er stellt fest, dass immer mehr Tuning-Kits verkauft werden und die Fahrradbranche dies mit den restriktiven Gesetzen in Deutschland erklärt. Diese schreiben eine Typgenehmigung, Helmpflicht, Versicherungspflicht, Kennzeichenpflicht, Führerscheinpflicht und die Nutzung der Straße statt des Radwegs vor. Verbände arbeiten daran, ähnliche Rechtsbedingungen wie in Belgien zu schaffen, um den Verkauf von S-Pedelecs zu fördern. Ein wichtiges Argument gegenüber der Politik ist dabei die CO₂-Einsparung und die Platzersparnis im Vergleich zum Autoverkehr.
Brust weiter: "Das S-Pedelec ist in Deutschland viel beliebter, als die offiziellen Zahlen vermuten lassen. Allerdings findet der Verkauf auf illegale Weise statt." Dies basiert auf Brusts Beobachtung von Gerichtsprozessen, in denen es auch um illegales Pedelec-Tuning geht. Er vermutet, dass Verbraucher bereit sind, das Risiko illegaler Tuning-Kits in Kauf zu nehmen, um die Pflichten eines Kleinkraftrads - wie die Helmpflicht, Kennzeichenpflicht und Führerscheinpflicht - zu umgehen und die Vorteile eines Fahrrads zu genießen, wie die Nutzung von Radwegen. Das Risiko, erwischt zu werden, sei möglicherweise gering.
Brust schätzt den Gesamtverkauf von Tuning-Kits verschiedener Anbieter in Deutschland wie folgt ein:
- 2018: 50.000 Tuning-Kits bei 1,0 Millionen Pedelecs, was einem Anteil von 5 % getunter Pedelecs entspricht
- 2019: 70.000 Tuning-Kits bei 1,4 Millionen Pedelecs (5 %)
- 2020: 200.000 Tuning-Kits bei 2,0 Millionen Pedelecs (10 %)
- 2021: 140.000 Tuning-Kits bei 2,0 Millionen Pedelecs (7 %)
- 2022: 265.000 Tuning-Kits bei 2,2 Millionen Pedelecs (12 %)
- 2023: 315.000 Tuning-Kits bei 2,1 Millionen Pedelecs (15 %)
Diese Zahlen basieren auf verschiedenen Quellen, darunter Aussagen von Tuning-Betrieben und interne Daten des Firmengründers von velotech.de, die auf Umfragen und Nachfrageanalysen beruhen.
Andere Länder haben bereits reagiert und den Verkauf von Tuning-Kits verboten, wie zum Beispiel Frankreich. Brust erklärt, dass Frankreich seit 2020 den Verkauf von Tuning-Kits und die Umrüstung von Pedelecs zu S-Pedelecs verboten hat. Verstöße können mit Geldstrafen von bis zu 30.000 Euro und sogar einer Haftstrafe von einem Jahr geahndet werden.
Brust sieht in den restriktiven Maßnahmen in Frankreich ein effektives Mittel, um illegales Tuning einzudämmen: "Eine alternative Herangehensweise zur aufwendigen Identifizierung getunter E-Bikes wäre ein generelles Verkaufsverbot wie in Frankreich. Zusätzlich könnten technologische Hilfsmittel für die Polizei, wie Geschwindigkeitsüberwachungssysteme und Bluetooth-Schnittstellen an den Pedelec-Motoren, eingesetzt werden, um die Geschwindigkeit der Fahrzeuge effektiv zu überwachen. Letztendlich liegt es an den Herstellern und politischen Entscheidungsträgern, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten."