Mit dem 11. Mai 1898 startete die wechselvolle Geschichte des Sattelproduzenten Wittkop, der es trotz zweier Weltkriege und wirtschaftlicher Engpässe immer wieder geschafft hat, Wittkop-Fabrikate zu Weltbekanntheit und wirtschaftlichem Erfolg zu führen.
Dazu beigetragen haben bahnbrechende Produkt-Innovationen und weitsichtige Köpfe an der Spitze des Unternehmens, das seit 1986 zur Büchel Unternehmensgruppe gehört und heute als eigenständige GmbH von Hans-Michael Greifenegg erfolgreich geführt wird. In diesem Jahr begeht Wittkop sein 125-jähriges Jubiläum.
Meilensteine der Historie
Am 11. Mai 1898 wurde die Firma Wittkop & Co. in das Handelsregister des Amtsgerichts Bielefeld eingetragen. Gesellschafter waren Franz Wittkop und Fritz Luce. Bereits in den ersten Jahren sorgten die Inhaber dafür, dass das Unternehmen sehr bald den „Kinderschuhen entwachsen“ war und um die Jahrhundertwende genoss Wittkop weit über Landesgrenzen hinaus den besten Ruf für hochwertige Fahrradsattel.
Ein besonderer Meilenstein für die weitere wirtschaftliche Entwicklung war die Einstellung von Richard Ziegler, zuerst als Prokurist, später wurde er Alleininhaber. Diesem Geschäftsmann lag insbesondere das Auslandsgeschäft am Herzen. Durch zahlreiche Auslandsaufenthalte wurde der Grundstock für die weltweite Bedeutung, die das Unternehmen im Laufe der Jahre erwarb und bis heute innehat, gelegt.
Aufnahme von Kinderrollern in das Produktportfolio
1929 wurden neben der Produktion von Sätteln, Taschen und Lederwaren auch Kinderroller in das Produktportfolio aufgenommen. Bis zum Tod des Mitbegründers und Namensgeber der Firma, Franz Wittkop, im Jahr 1934, gehörte das Unternehmen schon zu den bedeutendsten Produzenten der Zweirad-Teilindustrie. Wittkop-Fabrikate waren in aller Welt ein Qualitätsbegriff.
Bahnbrechende Innovation: der Schwingsattel
Auf der wirtschaftlichen Zeitleiste ist das Jahr 1955 besonders hervorzuheben: Erstmals wurde die Produktion von einer Million Sättel überschritten. Unter der Leitung von Dieter Orf wurden innovative Produkte wie Wipp-Roller und der bahnbrechende Schwingsattel, später in „Medicus-Sattel“ umbenannt, am Markt etabliert.
In den Folgejahren wurde u.a. ein Sattel mit einem Kunststoffuntergestell produziert. Doch auch durch diese Innovation wurde die wirtschaftliche Situation nicht wesentlich verbessert. Das Unternehmen kostendeckend zu führen, gelang dem damaligen Eigentümer, der Familie König und dem Geschäftsführer Heinrich Orf, nicht. Für einige „unglückliche“ Entscheidungen waren sie mitverantwortlich.
Nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten Weiterführung durch die Büchel Unternehmensgruppe
Als Folge daraus geriet das Unternehmen 1986 in wirtschaftliche Schwierigkeiten und wurde von Erhard Büchel und Hugo Görner aus der Insolvenz heraus erworben. Der Produktionsstandort wurde nach Bad Salzuflen verlegt und im Jahr 1990 darüber hinaus die Möve Sattelfabrik aus Mühlhausen/ Thüringen erworben. Die Produktion erfolgte fortan an diesem Standort. Nach dem Ausscheiden von Hugo Görner wurde Wittkop in die Büchel Unternehmensgruppe integriert und die Produktion nach Zella-Mehlis, einem weiteren Büchel-Standort verlagert. Trotz all dieser Bemühungen gestaltete sich die Verkaufssituation bis zu diesem Zeitpunkt schwierig. Im Jahr 2003 erfolgte ein entscheidender Wendepunkt mit dem Kontakt zu Hans Michael Greifenegg, dem gebürtigen und überzeugten Südtiroler – ein ausgewiesener Sattelspezialist.
Hans-Michael Greifenegg wird Wittkop-Geschäftsführer
Jetzt kehrte „frischer Wind“ in das Unternehmen ein: Wittkop wurde als eigenständige GmbH ausgegliedert. Hans-Michael Greifenegg, der auch Gesellschaftsanteile übernahm, zeichnet bis zum heutigen Tag als Geschäftsführer verantwortlich für das komplette Sattelprogramm, das er kontinuierlich in Deutschland und Italien aufbaute. Durch die Verbindung der Büchel Gruppe zu China wird ein Großteil der entwickelten Sättel auch in Tianjin hergestellt. Die Produktion der High-End-Linie verbleibt in Deutschland und Italien. Mit diesem Maßnahmen-Paket gelang Wittkop der Sprung zurück in die Erfolgsspur und das Unternehmen konnte sich bis zum heutigen Tag als größter deutscher Sattelproduzent am Markt etablieren. Eine große Anzahl von Patenten und Gebrauchsmustern zeigt die zurückgewonnene Innovationskraft von Wittkop.
Stetige Erweiterung der Produktlinie: Fahrradgriffe und Lenkerbänder
Um den geänderten Verhältnissen am Markt, wie beispielsweise dem Siegeszug des Pedelecs, Rechnung zu tragen, wurde die Produktlinie erweitert:
So werden seit 2022 hochwertige, selbst entwickelte Fahrradgriffe in Barchfeld hergestellt, ebenso umfasst das Programm Fahrradpedale und Lenkerbänder für Rennräder. Somit bietet Wittkop eine Lösung für alle drei Kontaktpunkte des Fahrradfahrers mit seinem Gerät an, nämlich an Lenker, Sattel und Pedale. Zusätzlich sind seit diesem Jahr auch Fahrradspiegel, die sich mit den Fahrradgriffen kombinieren lassen, neu im Programm.
Für die Zukunft ist Wittkop 125 Jahre nach der Gründung gut aufgestellt, um die Herausforderungen des Marktes zu meistern.
Mehr Informationen zu Wittkop unter:
Interview mit Hans-Michael Greifenegg
125 Jahre wechselvolle Geschichte des Unternehmens Wittkop
„Synergien nutzen – Trends vorzeitig erkennen“
Hans-Michael Greifenegg zeichnet bis zum heutigen Tag als Geschäftsführer verantwortlich für das komplette Sattelprogramm, das er kontinuierlich in Deutschland und Italien aufbaute. Durch die Verbindung der Büchel Gruppe zu China wird ein Großteil der entwickelten Sättel auch in Tianjin hergestellt. Die Produktion der High-End-Linie verbleibt in Deutschland und Italien.
Frage:
Wenngleich zum Zeitpunkt Ihres Eintritts als Geschäftsführer von Wittkop die Geschäfte nicht zufriedenstellend waren, haben Sie sich für diese Aufgabe entschieden. Was hat Sie dazu bewogen?
Die Herausforderung anzunehmen, die älteste deutsche Sattelmarke wiederzubeleben, wurde maßgeblich durch das Vertrauen von Herrn Büchel und seiner Mannschaft angetrieben.
Frage:
Was waren Ihre ersten Maßnahmen, um Wittkop wieder in die Erfolgsspur zu führen?
Die Produktpalette sollte erneuert werden, mit damals innovativen Produkten. Dabei war es uns immer wichtig, die Marke Wittkop im Vordergrund zu halten und die Tradition weiterzuführen. Es war eine Ehre, mit der damaligen Mannschaft zu arbeiten und auch deren Innovationsgeist in den neuen Produktlinien zu integrieren.
Frage:
Was sind aus Ihrer Sicht Faktoren, die den heutigen Erfolg von Wittkop begründen?
Die Entscheidung, mit Produkten zu arbeiten, die für ein breites Publikum bzw. Anwendungsbereich gedacht waren. Im Laufe der Jahre haben sich dadurch sehr bekannte und beliebte Sattellinien entwickelt. Auch die Konstanz, die grafischen Elemente selbst bei neuen Modellen nicht zu ändern, hat sich ausgezahlt. Dadurch wurde der Wiedererkennungswert der Marke gesteigert.
Frage:
Wie schaffen Sie es, die Konkurrenz in diesem Marktsegment auf Distanz zu halten?
Durch Innovation und Marktnähe, d.h. die Fähigkeit, die Anforderungen der Endverbraucher ein oder zwei Jahre im Voraus zu erkennen. Dabei nutzen wir auch die Synergien in unserer Firmengruppe, wie zum Beispiel das vorhandene Know-how in der Kunststofffertigung und die internationale Vertriebsorganisation, die es uns ermöglicht, aufkommende Trends vorzeitig zu erkennen.
Frage:
Ist eine weitere Ausdehnung der Produktlinie vorstellbar?
Absolut, das Radfahren an sich, hat sich in den letzten Jahren sehr geändert und wir sind neue Herausforderungen gestellt. Integration und Kommunikation der Fahrradteile steht jetzt im Fokus.