Der ökologische Verkehrsclub VCD hat eine bundesweite Umfrage gestartet, wie kindgerecht die Verkehrssituation in den Städten und Gemeinden in Deutschland ist. Alle, die regelmäßig mit Kindern unterwegs sind, sind eingeladen, die Lage in ihrem Wohnumfeld zu bewerten. Die Zahlen sollen erstmals einen Überblick darüber verschaffen, wie der Straßenverkehr Kinder und Jugendliche in Deutschland einschränkt.
„Eine kindgerechte Infrastruktur ermöglicht allen Verkehrsteilnehmenden barrierefreien Zugang zum öffentlichen Leben“, fasst Anika Meenken, VCD-Sprecherin für Fußverkehr, das Ziel der Umfrage zusammen. „Mit den Ergebnissen aus der Umfrage wird eine klare Handlungsempfehlung vorliegen, was von den Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen jetzt in Angriff genommen werden muss.“
Der Startschuss für die Umfrage wurde auf der Fachtagung „Spiel-Platz – kindgerechte Quartiersentwicklung“ in Bremen gegeben. Auf dieser vom VCD-Kreisverband veranstalteten Konferenz stellten Experten ihre Erkenntnisse zum Mobilitätsverhalten von Kindern vor. Schon Vierjährige haben das Bedürfnis, ihre Welt eigenständig zu erkunden. Ihre Verdrängung aus dem öffentlichen Raum wirkt sich nachteilig auf die soziale, kognitive und gesundheitliche Entwicklung aus.
Die Tagungsteilnehmer sprachen sich dafür aus, das Straßenverkehrsrecht zu novellieren, um Wohnquartiere zu einem sicheren Ort für Kinder zu machen. Wie sich verkehrsrechtliche Vorgaben auf die Sicherheit im Wohnumfeld auswirken, berichtete Miriam Dross vom Umweltbundesamt in ihrem Vortrag.
Der Schweizer Soziologe Daniel Sauter stellte in seinem Vortrag dar, wie Kinder ihre Umwelt unterschiedlich wahrnehmen, je nachdem, ob sie selbstständig zu Fuß unterwegs sind oder im Auto gefahren werden. Sauter kritisierte, dass die autogerechte Stadt die kindliche Lebenswelt „verhäusliche“ und „verinsele“. Dies schade der Entwicklung der Kinder wie dem Miteinander in der Nachbarschaft und müsse verändert werden. Anhand von vergleichenden Wohnumfeld-Studien zeigte er, wie sich Straßen so gestalten lassen, dass sie für Kinder zu einem sicheren und sozialen Lebensraum werden.
Dies forderte auch Claudia Neumann vom Deutschen Kinderhilfswerk in ihrem Vortrag über Ansätze zur Stärkung der Kinder. Sie stellte ihre Vision einer kindgerechten, partizipativen Stadt- und Verkehrsplanung vor und hob den besonderen Einfluss des Wohnumfelds auf das Spiel- und Bewegungsverhalten von Kindern hervor.
Abgerundet wurde der Fachtag durch die Informationen der beiden Referentinnen vom Verein „Spiel Landschaft Stadt“, Anke Bittkau und Ulrike Herold, die mit ihrem Angebot von temporären Spielstraßen in Bremen den Bürgern ermöglichen, einmal wöchentlich ein verändertes Wohnumfeld selbst zu erleben.
Zum Hintergrund: Die Umfrage ist abrufbar unter https://survey.lamapoll.de/Kindgerechte-Mobilitaet-im-Wohnumfeld
Weitere Informationen: VCD - Mobilität für Menschen