Zehn Fahrradtrends für die Saison 2022

Laut einer Prognose der European Cycling Federation (ECF) soll bis 2030 die Anzahl der europaweit verkauften Fahrräder und E-Bikes auf 30 Millionen steigen. Das wäre rund ein Drittel mehr als zum aktuellen Zeitpunkt. Zum Vergleich: In der EU wurden 2021 von Januar bis November 8,91 Millionen Pkw neu zugelassen (Quelle: Statista).

Was sind die Fahrradtrends für das Jahr 2022? Die Expert:innen vom pressedienst-fahrrad haben rund um das Fahrrad zehn Trendthemen herausgefiltert.

1) Radfahren, Radfahren, Radfahren

Das Fahrrad wird in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle bei der angestrebten (und erforderlichen) Verkehrswende spielen. Der Ausbau einer radfreundlichen Infrastruktur ist hierfür ein wichtiger Bestandteil und eine bedeutende Aufgabe für die neue Bundesregierung. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte zwar bei seiner Regierungserklärung: „Viele fahren gerne mit dem Auto, und das soll auch so bleiben.“ Man kann aber direkt antworten: Aber das muss nicht sein – findet sogar der Automobilverband VDA. Speziell auf Kurzstrecken sind Fahrräder und E‑Bikes praktische, schnelle und umweltfreundliche Fortbewegungsmittel für Alltagswege. Die Hersteller bieten ein breites Spektrum, damit so gut wie jede:r das passende Rad findet.

Räder mit Handantrieb („Hands-on-Cycle“ von HP Velotechnik), Kinder-Laufräder fürs Gelände („LR Trail“ von Puky) oder E‑Bikes mit kleinen Akkus („Urban Concept Light Alu“ von Messingschlager) mögen noch ungewöhnlich klingen, bedienen jedoch wichtige (und zukünftig wachsende) Nischen. Ein Punkt wird bei der Verkehrsdebatte leider schnell vergessen, ist aber enorm wichtig und wird 2022 sicherlich prägen: das Fahrradparken! Die Firma WSM bietet mit dem Velohub hierfür eine praktische, modulare Lösung, die zeigt, wie enger Parkraum in den Städten zukünftig praktisch genutzt werden kann.

2) Lastentransport

Wie kaum ein anderes Segment stehen Cargobikes symbolisch für die Verkehrswende. Lieferdienste, Familien oder Kleinunternehmen erleben mittlerweile (bzw. wieder) die Vorzüge des Lastentransports per Rad. Dabei ist Lastenrad nicht gleich Lastenrad. Je nach Einsatzzweck gibt es diverse unterschiedliche Modelle:vom dreirädrigen Modell (z. B. „Boxter“ von Triobike) über dynamische zweirädrige mit Federung (z. B. „Load 75“ von Riese & Müller) bis hin zu Modellen mit diversen Gepäckträgerlösungen (z. B. „Loden One“ von Loden), bietet der Fahrradmarkt eine Vielzahl an Möglichkeiten. Auch platzsparende Alternative wie der Gepäckanhänger (z. B. „Cargo Pakko“ von Croozer) erleben eine Renaissance.

3) Digitalisierung

Die Digitalisierung macht auch vor dem Fahrradmarkt nicht Halt. Schlösser, die sich per App öffnen lassen (z. B. „Smart X 770A“ von Abus), werden bei den Nutzer:innen immer beliebter. Spezialisierte Unternehmen wie Fit arbeiten daran, die Nutzungsfreundlichkeit bei E‑Bikes durch abgestimmte smarte Systeme und Apps zu verbessern. Das Smartphone wird dabei zur Steuerungszentrale. Antriebshersteller wie Brose oder Bosch setzen ebenfalls auf digitale Lösungen und bieten eigene Apps an, die den Nutzer:innen praktische Zusatzfunktionen versprechen und den Fachhandel bei Service-Arbeiten unterstützen. US-Hersteller Cannondale etwa hat eine App entwickelt, die per Augmented Reality bei Reparaturarbeiten benötigte Ersatzteile anzeigen kann.

4) Gravelbikes

 

 

Vor ein paar Jahren noch belächelt, sind Gravel-Bikes mittlerweile ein Topsegment im sportlichen Fahrradmarkt. Der Trend, mit Rennlenker abseits von asphaltierten Straßen unterwegs zu sein, spricht immer mehr Menschen an. Selbst der Internationale Radsportverband (UCI) bringt eine eigene Gravel-Rennserie an den Start. Doch zwischen den Rädern gibt es große Unterschiede: Das „Supersix Evo SE“ von Cannondale beispielsweise ist für renn-orientierte Fahrer:innen geschaffen, mit dem „Supreme Pro“ von Stevens mit Vollausstattung kommen sportliche Pendler:innen auf ihre Kosten, während das „Marrakesh“ von Salsa speziell für reiselustige Bikepacker:innen eine Option ist.

5) SUV-E-Bikes

Sport Utility Vehicles, kurz SUV, sind im Automobilbereich bereits seit Jahren beliebt. Der Trend des geländefähigen Stadtgefährts hat mittlerweile auch das E‑Bike-Segment erobert. Touren-E-Bikes wie das „Goroc 2“ von Flyer oder das „Yakun“ von Winora kommen mit einer alltagstauglichen Komplettausstattung mit Lichtanlage, Gepäckträger und Schutzblechen. Markenzeichen sind jedoch wie beim Auto-Pendant die breiteren Reifen, die vom Mountainbike inspiriert sind. Ihr Vorteil: Touren abseits von asphaltierten Straßen werden dadurch deutlich komfortabler. Und anders als bei ihren Geschwistern aus dem Autobereich sind die Geländetouren meist legal.

6) Kinderräder

Kinder von heute sind die Radfahrenden von morgen. Wenn sie bereits in jungen Jahren Spaß daran finden, werden sie auch später häufiger auf das Rad steigen und so aktiv zur Verkehrswende beitragen. Dabei sind Kinderräder heute keine Räder für Erwachsene in klein, sondern ergonomisch durchdachte und angepasste Fahrzeuge. Immer mehr renommierte Hersteller von Erwachsenenrädern widmen sich dem Thema und überarbeiten ihr Kindersegment. Auch Spezialisten wie Puky erweitern ihr Sortiment, beispielsweise in den Bereich Jugendrad. Der Hersteller aus Wülfrath bringt erstmalig 26-Zoll-Cityräder auf den Markt. Ein Grund: Kinder und Jugendliche werden immer größer und haben andere Anforderungen und Wünsche an die Produkte als noch vor ein paar Jahren.

7) Mountainbiken

Mountainbiken gehört in Deutschland zu den beliebtesten Freizeitsportarten. Gerade in der Coronazeit nutzen Sportbegeisterte die Möglichkeit, die Ruhe im Wald per Rad zu genießen. Moderne Räder wie das „Lector FS“ von Ghost ermöglichen durch ausgeklügelte Technik, auch ausgefallene Wege zu erkunden. Dazu kommen verstärkt E‑Mountainbikes (z. B. „Allmtn CF SE“ von Haibike), die auch weniger Trainierten das Mountainbiken ermöglichen. Mehr Waldnutzer:innen heißt aber auch mehr Nutzungskonflikte etwa mit Wandernden, Waldbesitzer:innen oder Jagdausübungsberechtigten, über die im vergangenen Sommer bundesweit berichtet wurde. Deshalb hat sich unter Führung des Mountainbike Tourismus Forums die Initiative „Bike Spirit 4.0“ gegründet. Ihr Ziel ist, mit nachhaltigen Lösungen Aufklärungsarbeit zu leisten, Konflikte zu vermeiden und für mehr Miteinander im Wald zu sorgen.

8) Radreise/Bikepacking

Fahrradtourismus hat sich zu einem starken und wachsenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. 2018 betrug sein Umsatz laut einer Studie der Westfälischen Hochschule 11,6 Milliarden Euro. Das Angebot an passenden Rädern und richtigem Zubehör ist dabei groß: Von der gemütlichen Flussradtour über den Familienurlaub bis hin zur Abenteuerfahrt im Bikepacking-Modus finden Interessierte ihre passende Ausstattung. Spezialisten wie Velotraum oder Tout Terrain passen ihre Räder den Herausforderungen der Zeit immer wieder an, etwa indem sie Abenteuerräder alltagstauglich machen. Auch der Zubehörmarkt in Form von passenden Radtaschen (z. B. von Ortlieb, Lezyne oder M‑Wave) wird stetig um die Ansprüche neuer Radreisegattungen erweitert. Taschen zur Direktmontage am Rad auch ohne Gepäckträger, wie beim Bikepacking üblich, stehen dafür stellvertretend und sind im Trend.

9) Made in Europe

Die wachsende Nachfrage bei gleichzeitigen Einschränkungen und steigenden Preise im Transportsektor, Rohstoffknappheit und Fachkräftemangel haben in den letzten Monaten (nicht nur) in der Fahrradbranche teilweise zu großen Lieferschwierigkeiten geführt. Da bislang viele Rahmen und Komponenten in Asien gefertigt werden, arbeiten einige Hersteller aktuell daran, die Fertigung in Europa zu stärken, um sich krisenfester zu machen. In Portugal, Ungarn oder Polen wurden in den letzten Monaten die Produktionskapazitäten erhöht und somit die Fertigung „Made in Europe“ weiter vorangetrieben. Es gibt allerdings auch Hersteller, die seit Jahren für einen Großteil bzw. für die komplette Produktion auf die Fertigung in Deutschland setzen. Speziell im Zubehörsegment hat der Produktionsstandort Deutschland einen hohen Stellenwert. Abus, Busch & Müller, SKS Germany, Fahrer Berlin, Ortlieb, Brose oder auch Puky sind als Beispiele zu nennen.

10) Nachhaltigkeit

Radfahren hat ein grünes Image, doch bei der ökologischen Fertigung der Produkte und deren Entsorgung gibt es vielerorts noch Nachholbedarf. Outdoor-Ausrüster Vaude gilt hier inzwischen als einer der Vorreiter und kann ab 2022 seine Produktion klimaneutral bezeichnen. Aber auch bei anderen Herstellern rückt das Thema immer weiter in den Mittelpunkt. 22 Unternehmen haben deshalb Ende 2021 eine Bike-Charta für nachhaltiges Handeln ins Leben gerufen. Unterzeichner waren u. a. der E‑Bike-Hersteller Riese & Müller, der bis 2025 zum „nachhaltigsten Unternehmen der E‑Bike-Branche“ werden möchte, Anhängerspezialist Croozer, der einen eigenen Unternehmenswald pflanzte, oder Reifenhersteller Schwalbe, der an einem Recyclingprozess für Fahrradreifen arbeitet.


Bildquellennachweis:

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