Kidical Mass fordert von der neuen Bundesregierung: „Lasst Kinder selbständig und sicher Fahrrad fahren!“

In über 130 Städten gehen Kinder und ihre Familien im Rahmen der Kidical Mass am 18. und 19. September für ein neues Verständnis von Mobilität auf die Straße. Eine Woche vor der Bundestagswahl fordern sie ein inklusives und kinderfreundliches Straßenverkehrsrecht und mehr Platz auf den Straßen für die nächste Generation. Denn kinder- und fahrradfreundliche Orte tun allen gut.

KIDICAL MASS, Nur eine Fahrradstadt ist eine kinderfreundliche Stadt! / Foto: Sebastian Peter
KIDICAL MASS, Nur eine Fahrradstadt ist eine kinderfreundliche Stadt! / Foto: Sebastian Peter

Kinder dürfen nicht mehr auf der Straße spielen. Teilweise wird es ihnen verboten, zur Schule zu radeln. Des Öfteren werden Eltern als fahrlässig beschimpft, weil sie ihre Kinder selbständig zur Schule fahren oder laufen lassen.

Die Verkehrsinfrastruktur ist für das Auto gemacht. Radwege sind oft viel zu schmal, holprig oder gar nicht vorhanden. Auch Kreuzungen und Einmündungen sind selten für den Radverkehr ausgelegt und darum passieren hier die meisten Unfälle. Eltern und Kinder trauen sich daher teilweise nicht einmal kurze Strecken auf dem Rad zu, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.

Ein neues Verständnis von Mobilität: vom verkehrsgerechten Kind zum kindgerechten Verkehr

Es geht auch anders: mit einer kindgerechten Mobilitätsplanung. Die Kidical Mass möchte Lust auf Veränderungen machen. Denn Straßen sollen Menschen nicht gefährden – sie sollen Menschen verbinden.

„Wir wollen, dass sich alle Kinder und Jugendlichen sicher und selbständig mit dem Fahrrad bewegen können“, so Co-Organisatorin Simone Kraus aus Köln. „Die Bedürfnisse von Kindern im Verkehr sollen im Fokus stehen: Platz und Sicherheit.“ Die Kidical Mass steht für ein neues Verständnis von Mobilität – mit mehr Sicherheit und Freiheit für alle Menschen von 0 bis 99.

„Die Verkehrswende kommt mit dem Rad und zu Fuß. Nicht alle müssen Rad fahren oder zu Fuß gehen, aber alle sollen die Möglichkeit haben. Wenn wir unseren Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen wollen, müssen wir ihnen heute das Fahrradfahren ermöglichen. Und das geht nur mit sicheren Radwegen!“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Straßen sollen verbinden. Einfache Lösungen, die schnell und kostengünstig umgesetzt werden können, gibt es zahlreich. Die dazu passenden Studien wurden in den Nachbarländern bereits durchgeführt. Auch viele Kommunen sind bereit zur Tat – leider fehlen immer noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, klare Ziele, langfristige Finanzierungsmöglichkeiten und Personal.

Deswegen muss die neue Bundesregierung jetzt ein klares Zeichen pro Verkehrswende setzen: mit einem kinderfreundlichen Straßenverkehrsrecht mit Fokus auf selbständige und sichere Mobilität von Kindern. Dazu gehört an erster Stelle die Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts.

Kurzfristig muss die Infrastruktur rund um Schulen und Kitas kindgerecht gestaltet werden: Schulstraßen, d.h. Straßensperrungen zu Schulbeginn und -ende führen unmittelbar zu mehr radelnden und laufenden Kindern. Diese Situation soll mittelfristig weiter verbessert werden, indem Schulen durch sichere Schulradwege-Netze miteinander ver- und an ihr Einzugsgebiet angebunden werden.

 

Was wünschen sich Kinder für das Fahrradfahren? Video von der KIDICAL MASS Köln

Die Forderungen des Kidical Mass Aktionsbündnis an die neue Bundesregierung lauten:

  •     Sichere Schulradwege-Netze bis 2030
  •     Schulstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche vor Schulen und Kitas     
  •     Stetige jährliche Finanzierung mit konkreten Zielvorgaben an die Kommunen


Kinderfreundliches Straßenverkehrsrecht: Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts, geschützte und baulich getrennte, breite Radwege an Hauptstraßen, geschützte Kreuzungen, Spielstraßen, Wohngebiete ohne Durchgangsverkehr, Umsetzung der Vision Zero (null Verkehrstote)

Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir bei den Kindern beginnen. Das Fahrrad ist Zukunftsmobilität. Die #FahrradGeneration steht in den Startlöchern.

 

Informationen zu Changing Cities e.V.: https://changing-cities.org


Hintergrund Kidical Mass
Die Kidical Mass ist eine weltweite Bewegung. Bei bunten Fahrraddemos erobern Radfahrende von 0 bis 99 Jahren die Straße. Das Format hat Kinder und nachhaltige Mobilität im Fokus und setzt sich für lebenswerte Städte ein.
Seit 2017 gibt es sie auch in Deutschland. 2021 wurde die Kidical Mass Köln für das erste bundesweite Aktionswochenende mit dem Deutschen Fahrradpreis (Kommunikation) ausgezeichnet. Die Kidical Mass gibt den Kindern eine Stimme im Verkehr, zeichnet ein positives Zukunftsbild, vernetzt und mobilisiert Alt und Jung über die Grenzen der Radszene hinaus.     
Mit dem Aktionswochenende am 18.  und 19. September 2021 “Platz da für die nächste Generation” findet die Kidical Mass zum zweiten Mal zeitgleich in ganz Deutschland und darüber hinaus statt. Die Kidical Mass Köln ist Koordinatorin. ADFC, Campact, Changing Cities, Deutsches Kinderhilfswerk, VCD und Unicef Deutschland sind die diesjährigen überregionalen Unterstützer:innen. Herzstück sind über 200 lokale Organisationen. Ein einzigartiges Netzwerk: dezentral, selbstorganisiert und gemeinsam stark.
Von Kusterdingen bis Berlin. Kleine und große Orte fühlen sich angesprochen. Alt und Jung. Eltern und Singles. Radentscheide, regionale Gruppen der großen Verbände, Privatleute und lokale Initiativen. Das Kidical Mass Aktionswochenende zeigt, dass sich ein enormer Anteil der Bevölkerung – nicht nur in den Großstädten – fahrradfreundliche Veränderungen wünscht und bereit ist, diese auf der Straße einzufordern.

Über Changing Cities e.V.: Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.