Der Pedelec-Boom geht in eine neue Runde. Im Corona-Jahr 2020 erhielt der Absatz von Elektrofahrrädern neuen Schub. Die Zweiradhändler brachten 1,95 Millionen Pedelecs an Frau und Mann und schraubten den Bestand der Fahrräder mit elektrischem Rückenwind in Deutschland auf insgesamt 7,1 Millionen. Schattenseite dieser Entwicklung: Mit der Beliebtheit der Elektro-Fahrräder gehen auch die Unfallzahlen nach oben.
Im Zeitraum von 2017 bis 2019 erhöhte sich, so das Statistische Bundesamt, die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Pedelec-Fahrer von 68 auf 118 Personen, ein Anstieg von 73 Prozent. Noch stärker schlägt ein anderer wichtiger Indikator aus: die Zahl der Verunglückten je 100.000 Einwohner. Dieser Wert stieg von 6 im Jahr 2017 auf 13 im Jahr 2019, ein Plus von 117 Prozent. Auch für das Jahr 2020 zeichnet sich keine Trendwende ab. Nach Zahlen der lokalen Verkehrspolizei nahm in der Stadt Stuttgart die Zahl der Unfälle mit Pedelecs im vergangenen Jahr um 48 Prozent zu.
„Die Ursachen liegen oft in unangepassten Geschwindigkeiten, im Missachten der Vorfahrt und zu wenig Übung“, sagt Luigi Ancona, Unfallforscher bei DEKRA. Ganz typisch ist die Situation, wenn ein
Radfahrer von einem Radweg kommt und beim Kreuzen oder Einbiegen in eine Straße die Vorfahrt missachtet wird. Oft kracht es auch, wenn sich Abbieger mit einem Entgegenkommenden oder Überholer in
die Quere kommen. Ort des Geschehens sind in beiden Fällen meist Einmündungen und Kreuzungen von Straßen, Feld- oder Radwegen sowie die Zufahrten von Grundstücken und Parkplätzen.
Begünstigt werden solche Kollisionen teilweise auch durch eine schlecht ausgebaute Infrastruktur, genauso wie die vielen Unfälle ohne Beteiligung anderer (22 Prozent). „An allen Knotenpunkten,
vor allem innerorts, wo Radwege die Fahrbahnen kreuzen, ist vorsichtiges, rücksichtsvolles und vorausschauendes Fahren gefragt“, empfiehlt der Analytiker. „Als ungeschützter Verkehrsteilnehmer
lieber einmal auf die Vorfahrt verzichten und sich doppelt absichern. Knotenpunkte sind neuralgische Orte, an denen am meisten
passiert.“
Eine Rolle spielen aber auch die höheren Ausgangsgeschwindigkeiten von Pedelecs. „Viele Verkehrsteilnehmer rechnen nicht mit dem Speed der Elektro-Räder, erst recht nicht, wenn der Fahrer
aufrecht und mit geringer Trittfrequenz entspannt auf dem Zweirad sitzt – oft kommt er schneller näher als erwartet“, stellt Ancona fest. „Ein Problem ist auch die schmale Silhouette der Radler.
Sie führt leicht dazu, dass das Zweirad komplett übersehen oder die Annäherungsgeschwindigkeit unterschätzt wird. Auffällige und kontrastreiche Kleidung ist hier von Vorteil.“
Pedelec-Neulingen empfiehlt der Sachverständige von DEKRA, sich beim Start mit dem Elektro-Fahrrad genügend Zeit zu nehmen, um sich mit dem größeren Gewicht, dem veränderten Handling, der
ungewohnt starken Beschleunigung vor allem im Turbomodus sowie den höheren Geschwindigkeiten ihres Pedelecs vertraut zu machen. „Wichtig ist, dass man die eigenen Fähigkeiten auf dem Fahrrad
nicht überschätzt und nur so schnell fährt, wie man sein Gefährt auch sicher beherrschen kann. Im Übrigen ist von allen Beteiligten
im Straßenverkehr mehr gegenseitige Rücksichtnahme gefragt.“ — DEKRA Info
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