Gravel Bikes werden gemeinhin oft als geländegängige Rennräder bezeichnet, sind aber tatsächlich eine neue und sehr spezielle Fahrradkategorie. Beim klassischen Rennrad dreht sich alles um Effizienz, Leistung in Watt, die höchstmögliche Geschwindigkeit und Reichweite, die sich auf der Straße erzielen lässt.
Viel Vorderlänge (Reach) und eine möglichst niedrige Fronthöhe (Stack) ermöglichen auf dem Rennrad eine
flache, vorgelagerte Sitzposition für wenig Luftwiderstand und maximale Kraftentfaltung. Rahmen, Gabel, Lenker und Felgen sind aerodynamisch optimiert, und schmale Reifen mit hohen Luftdrücken minimieren den Rollwiderstand. Durch radikalen Leichtbau wiegen die Spitzenmodelle nur noch um die 5 kg. Lange Übersetzungen ermöglichen Geschwindigkeiten jenseits von 60 km/h.
Um das Potenzial eines Rennrads voll entfalten zu können, braucht es optimale Asphaltpisten. Verwitterte und ausgebesserte Straßendecken, Verschmutzungen oder Kopfsteinpflaster fordern bereits
volle Aufmerksamkeit und drücken das Tempo. Eine Fahrt über Schotter oder Feldwege ist auf dem Rennrad nur mit großer Vorsicht möglich. Hier liegt die Domäne der Gravel Bikes.
Am offensichtlichsten unterscheidet sich das Gravel Bike vom Rennrad durch breitere, stärker profilierte Reifen. Je breiter ein Reifen, desto geringere Reifendrücke sind möglich und umso höher
sind Komfort, Grip und Sicherheit auf unebenem oder losem Untergrund. Die Geometrie eines Gravel Bikes ermöglicht durch kürzeren Reach und höheren Stack eine aufrechte, weniger vorgelagerte
Sitzposition, als beim Rennrad. Die Lenker sind breiter, die Vorbauten kürzer. Das sorgt für mehr Kontrolle und ein besseres Handling, wenn die Route auch abseits des geteerten Straßennetzes
verläuft.
DAS NICOLAI ARGON GX
Ein Gravel Bike soll sein Potenzial sowohl auf Asphalt als auch auf Schotter und im leichten Gelände voll entfalten können. Entscheidend ist hier, an welcher Stelle im weiten Spektrum von
Straßen-Performance bis Geländegängigkeit das Bike den Akzent setzen will und wie groß die Spanne ist, die es optimal abdecken kann. Ein Gewinn an Offroad-Qualitäten durch breitere Reifen und
eine aufrechtere Fahrhaltung geht einher mit einem Verlust an Straßengeschwindigkeit und Reichweite durch höhere Luft- und Rollwiderstände. Wird der Schwerpunkt dagegen mehr auf Straße gesetzt,
kommen schmalere Reifen im Gelände eher an ihre Grenzen und eine vorderlastige Sitzposition erschwert das Handling. Ein klassischer Zielkonflikt, in dem NICOLAI mit dem Argon GX neue Wege
aufzeigt und einige sehr interessante Lösungen anbietet.
Das Argon GX ist ein Neuzugang in der Argon-Familie, die seit jeher die leichten NICOLAI Hardtails umfasst, Klassiker wie das Argon CC, das Argon FR oder das Argon Road.
Der Name stammt vom Edelgas Argon, das als inerte Schutzatmosphäre beim Schweißen der Rahmen zum Einsatz kommt. GX steht für Gravel und Cross.
EIN RAHMEN ALS SOLIDE BASIS
Der Rahmen des Argon GX ist aus 7020-T6 Flugzeugaluminium gefertigt (AlZn4,5Mg1), das im Vergleich zu der üblicherweise im Rahmenbau verwendeten Legierung 6061-T6 (AlMg1SiCu) eine ca. 30% höhere
Zugfestigkeit und eine ca. 20% höhere Elastizitätsgrenze hat. Gegenüber den leichteren Carbonrahmen hat eine Aluminiumkonstruktion zwar einen Gewichtsnachteil, ist in der Regel aber
unempfindlicher gegenüber Steinschlag und Sturzschäden.
NICOLAI fertigt sämtliche Rahmenbauteile und Rohrsätze des Argon GX komplett im eigenen deutschen Werk. Bei der Konstruktion setzt der Hersteller neben seiner langjährigen Erfahrung auf
Topologieoptimierung, eine computergestützte Simulation der im späteren Einsatz wirkenden Kräfte. Dieses Verfahren ermöglicht den Bau besonders haltbarer und zugleich leichter Bauteile und
Baugruppen. Dank moderner 5-Achs CNC-Maschinen sind NICOLAI bei der Fertigung aufwendiger, optimierter 3D-Frästeile praktisch keine Grenzen gesetzt. Besonders charakteristische Bauteile am Argon
GX wie das Sitzstreben-Yoke oder das kombinierte Innenlager-Kettenstreben-Yoke werden durch die sogenannte Hollow Milled Technologie überhaupt erst möglich. Geschweißt wird bei NICOLAI von
erfahrener Hand in mehreren Durchgängen und mit einem sehr langsamen Vorschub.
So wird eine tiefe Verschmelzung des Materials erreicht, Spannungen und Verzug werden minimiert. Die ikonischen flach und gleichmäßig geschuppten Schweißnähte am Argon GX beeindrucken nicht nur optisch, sie können vor allem die im Rahmen auftretenden Kräfte optimal ableiten. Der Hersteller vertraut seinen Konstruktionen voll und ganz, denn wo bei den meisten Gravel Bikes das zulässige Gesamtgewicht von Fahrer und Rad auf 125 kg begrenzt ist, gibt es für den Rahmen des Argon GX kein Gewichtslimit und 5-Jahre Garantie, die auch härteste Einsätze und Wettkämpfe einschließt.
Das Argon GX ist besonders verwindungssteif konstruiert, wodurch die Tretkraft sehr direkt und effizient in Vortrieb umgewandelt wird. 142 x 12 mm Steckachs-Ausfallenden verstärken die
Rahmenkonstruktion zusätzlich. Bei einigen Gravel Bikes werden biegsame Heckstreben verbaut oder Elastomere in den Rahmen eingeklebt, um etwas an Komfort zu gewinnen. NICOLAI verzichtet auf
derartige Features. Hier stehen Dauerhaltbarkeit und ein effizienter Antrieb klar an erster Stelle. Für den Fahrkomfort sieht NICOLAI in erster Linie breite Reifen verantwortlich, für die das
Heck des Argon GX reichlich Platz zur Verfügung stellt. Ein in Relation zur Rahmengröße eher kurzes Sitzrohr ermöglicht einen längeren Auszug der Sattelstütze, die dann durch mehr Flex ebenfalls
den Komfort erhöht.
KERNPUNKT REIFENBREITE
Nicht nur für den Komfort durch Federung und Eigendämpfung, insbesondere für die Offroad-Fähigkeit eines Gravel Bikes sind die Reifen ein wichtiger Faktor. Je breiter die Reifen, umso ein
geringerer Luftdruck kann gefahren werden, ohne eine Panne zu riskieren, und das bedeutet eine größere Auflagefläche des Reifens im Gelände für mehr Grip und Sicherheit. Das Argon GX kann Reifen
bis zu einer Breite von 45 mm bei 28 Zoll Laufrädern oder 50 mm bei 27,5 Zoll aufnehmen und liegt damit im Vergleich zu anderen Gravel Bikes am oberen Ende der Skala.
GEOMETRIE
Die Geometrie des Argon GX kombiniert auf großer Bandbreite Sportlichkeit und Effizienz mit Kontrolle und Handling. Das Rezept dazu ist ein relativ langes Oberrohr- und Reach-Maß für Effizienz
und Speed in Kombination mit einem flachen Lenkwinkel und einem längeren Heck für Laufruhe und Fahrstabilität auf unbefestigten Wegen und Trails. Der Rahmen ist zudem kompatibel...
...für Gravel-Federgabeln mit bis zu 40 mm Federweg, die NICOLAI als Ausstattungsoption anbietet. NICOLAI wendet beim Argon GX eine adaptive Geometrie an, die Gewichts- und Proportionsfaktoren bei unterschiedlichen Körpergrößen berücksichtigt. Bei zunehmender Länge und Höhe des Hauptrahmens wird der Sitzwinkel bei größeren Rahmen flacher, der Lenkwinkel dagegen steiler. So wird gewährleistet, dass die Charakteristik des Bikes in jeder Größe gleich bleibt. Das Argon GX wird in 6 Rahmengrößen angeboten, von XS bis XXL, passend für Fahrerinnen und Fahrer von 155 cm bis 208 cm. Ein so breites Spektrum bietet kaum ein anderer Hersteller an.
BREMSEN
Wie Mountainbikes sind auch Gravel Bikes mit Scheibenbremsen ausgerüstet. So wird eine feinfühlige Dosierung der Bremskraft bei konstantem Druckpunkt unabhängig von Schmutz und Witterung
gewährleistet. Beim Argon GX kommt der neue Flat Mount 140 Standard zum Einsatz, der eine besonders kompakte, leichtere Bremsenbauform ermöglicht
CUSTOM OPTIONEN UND KONFIGURATION
NICOLAI bietet das Argon GX als Custom Build an, bei dem man über einen Online-Konfigurator aus verschiedenen Ausstattungs- und Detailoptionen wählen und das Bike individuell nach eigenen
Wünschen und Anforderungen zusammenstellen kann.
Wenn das Argon GX hauptsächlich auf Straße und Schotter eingesetzt werden soll und nur gelegentlich auf dem Trail, wenn also eher eine dem Rennrad nahe Charakteristik gewünscht wird, empfiehlt
sich zum Beispiel die Wahl eines 28” Laufradsatzes mit 32 mm breiten Continental Cross King Reifen. Bei der Schaltung wäre dann die neue Shimano Gravel Gruppe GRX mit 2 x 11 Gängen und einer
feinen Abstufung der ideale Antrieb.
Am andere Ende des Spektrums ist mit dem Argon GX aber auch eine Konfiguration möglich, die einem Hardtail Mountainbike schon recht nahe kommt, mit einer SRAM Force Eagle 1 x 12 Schaltung und
27,5 x 2 Zoll Reifen. Der Einbau einer absenkbaren Sattelstütze (Dropper Post). ist dann ebenso möglich, wie die Montage eines geraden MTB Lenkers oder die Ausrüstung einer Federgabel.
Bei der Konfiguration der Ausstattung ist zu beachten, dass die Schaltung ein limitierender Faktor bei der Wahl der Reifenbreite ist. Bei Verwendung eines Umwerfers vorn für eine 2 x 11 Shimano
GRX Schaltung begrenzt der Käfig des Umwerfers auf eine maximale Reifenfreiheit auf 42 mm. Diese Einschränkung ist nicht Argon GX spezifisch, sondern betrifft alle Räder, die mit einer zweifach
GRX Schaltung ausgestattet sind.
Die Gabel des Argon GX kann ebenfalls entsprechend des Einsatzschwerpunkts gewählt werden. Das Steuerrohr nach dem Tapered-Standard mit semi-integrierten Lagern kann entweder eine
Gravel-Starrgabel oder eine Gravel-Federgabel mit bis zu 40 mm Federweg aufnehmen.
Auch die Wahl der Sattelstütze ermöglicht es NICOLAI -Kunden und Kundinnen, das Argon GX entsprechend ihrer ganz persönlichen Definition von Gravel Biking zu perfektionieren. Das
Sitzrohr-Innenmaß von 31,6 mm erlaubt neben der Verwendung einer regulären starren Sattelstütze auch den Einbau einer Dropper Post. Bei Mountainbikes schon lange Standard, verlieren so
Geländestufen und Steilabfahrten auch auf dem Gravel Bike ihren Schrecken.
Konsequenterweise hat man beim Argon GX auch die Wahl zwischen einem Gravel Drop Bar (breiter, flach gekröpfter Rennlenker) und einem geraden Mountainbike-Lenker.
Egal, wo man nun seinen persönlichen Schwerpunkt setzt und wie das individuelle Custom-Projekt am Ende aussieht, das Argon GX beschränkt einen dabei keinesfalls auf einen eng definierten
Einsatzbereich. Auch mit Federgabel, breiten Reifen und geradem Lenker ist man dank sportlicher Geometrie und steifem Rahmen auch schnell auf Straßen unterwegs. Und wenn das Project Bike näher an
einer Rennmaschine liegt, stehen einem dank der Laufruhe und des sicheren Handlings trotzdem noch die meisten Offroad-Trails offen. Das Argon GX bietet eine breite und solide Basis für jede
Definition von Gravel Biking.
FARBEN
NICOLAI betreibt eine eigene Pulverbeschichtung im Werk und bietet für das Argon GX eine Auswahl von über 50 Farben an, jeweils in hoch glänzend oder in seidenmatt. Der Rahmen kann optional aber
auch harteloxiert werden, wobei die Farben schwarz, bronze und titan zur Auswahl stehen. Auf Wunsch kann der Rahmen auch unbeschichtet im Alu-Finish als “factory raw” geliefert werden.
ZUG- UND LEITUNGSFÜHRUNG
Die Züge und Leitungen am Argon GX sind über minimalistische, verschraubte Führungsclips im Unterrohr verlegt. So wirkt das Bike aufgeräumt und reduziert, was die technische Ästhetik des Rahmens
noch unterstreicht. Es gibt vorn am Unterrohr sowohl rechts als auch links einen Mehrfacheingang. Das ermöglicht eine Vielzahl an Verlegeoptionen und schließt die Kabelführung für eine
elektronische Shimano Di2 Schaltung ebenso ein, wie eine Leitung oder einen Zug für die Remote-Bedienung einer absenkbaren Sattelstütze. Der Austritt der Züge und Leitungen unter dem Tretlager
ist durch einen Führungsdeckel vor Schmutz und Spritzwasser geschützt. Wie weit NICOLAI im Detail denkt, zeigt sich auch an der Schaltwerk-Zugführung. Ein zusätzlicher Führungsclip, der am
Ausfallende verschraubt ist, leitet die Schaltzughülle im für die Schaltpräzision optimalen Winkel zum Schaltwerk. Dabei wird der Zug zugleich eng am Rahmen gesichert und vor Beschädigung durch
Hängenbleiben geschützt.
ADVENTURE UND BIKE PACKING
Mehrtägige Radtouren durch abgelegene Gegenden liegen voll im Trend, und immer mehr Bikerinnen und Biker möchten ihr Adventure lieber auf einem schnellen, leichten Gravel-Bike erleben, statt mit
dem klassischen Reiserad.
Das Argon GX hält hierzu sämtliche Aufnahmepunkte für die Montage von Schutzblechen und Packtaschenträgern bereit. NICOLAI ist es dabei gelungen, diese so dezent zu verbergen, dass der Look eines
reinrassigen Gravel-Sportgeräts nicht beeinträchtigt wird. Die Aufnahmegewinde für Schutzbleche an den Ausfallenden und Innenseiten der Yokes entdeckt man erst auf den zweiten Blick. Für die
Montage eines tragstarken Heckträgers bietet NICOLAI einen Adapter an, der in die Querausfräsung des Sitzstreben-Yokes eingesetzt und durch zwei an der Unterseite sitzende Bohrungen verschraubt
wird.
Das Argon GX verfügt über 3 Flaschenhalter-aufnahmen in allen Rahmengrößen. Eine Halterung unter dem Unterrohr kann zum Beispiel für die Montage einer Toolbox genutzt werden. Der Vorderrahmen
eignet sich dank gerade geschnittener Trapezform ideal für die Anbringung von Rahmentaschen.
Die Möglichkeit der Vollaustattung schließt natürlich eine straßenverkehrstaugliche Ausstattung mit ein, was das Argon GX auch als schnelles Commuter- und Alltagsrad sehr attraktiv macht.
GEWICHTE, PREISE UND VERTRIEB
Das Argon GX wird sowohl als Rahmen als auch als Komplettrad angeboten.
Das Rahmenkit wiegt in Größe M 1,9 kg und ist ab 1449 € erhältlich.
Kompletträder wiegen ab 8,5 kg und kosten ab 3750 €.
NICOLAI Rahmen und Bikes werden direkt vom Hersteller über www.NICOLAI-BICYCLES.com vertrieben.
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Bilder: ©Nicolai Bicycles