Wer ein Fahrrad kaufen möchte, steht einem schier unübersichtlich großen Angebot an Modellen und Marken gegenüber. Fachhändler bieten hier im Vergleich zu Online-Shops den Vorteil einer kompetenten Beratung. Im Laden kann man Räder anschauen, anfassen und Probe fahren. Um das passende Fahrrad zu finden, sollte man für sich im Vorfeld allerdings einige Fragen klären. Der pressedienst-fahrrad gibt Tipps zum Kauf.
Es gibt eine Unmenge verschiedener Fahrradtypen. Welche Art von Rad am besten geeignet ist, hängt davon ab, für welche Zwecke man es braucht: Zum täglichen Pendeln bei Wind und Wetter ins Büro? Als Autoersatz zum Einkaufen und Kindertransport? Für beschauliche Urlaubsfahrten? Um möglichst schnell auch längere Strecken zurückzulegen? Oder eher um beim bergauf fahren mit der Partner:in mithalten zu können? Fest steht: Wer mit klaren Vorstellungen in den Laden geht, wird leichter eine (gute) Entscheidung treffen.
Budget festlegen
Eine weitere Entscheidungshilfe ist ein Budgetrahmen. Für weniger als etwa 600 Euro kann man 2021 kein vernünftiges Neurad erwarten, und bei E‑Bikes gilt als Faustregel für den Vergleich der
dreifache Preis. Hier beginnt der Einstieg derzeit bei etwa 1.800 Euro. Schon der Akku kostet zwischen 500 und 800 Euro. Doch die Mehrkosten für ein Pedelec sind nicht nur dem Antrieb geschuldet:
„Das Gewicht und die größeren Kräfte stellen insgesamt höhere Anforderungen an das Material.
Neben einem besonders robusten Rahmen betrifft das vor allem Komponenten wie Bremsen, Reifen oder Federungselemente“, erläutert Anja Knaus vom schweizerischen Elektrorad-Spezialisten Flyer.Griffige Zahlen wie 1.000, 1.500 oder 2.000 Euro stellen die sogenannten „Eckpreislagen“ dar, an denen um die Gunst der Kund:innen besonders hart gekämpft wird und für die Hersteller:innen knallhart kalkulieren müssen. Hier finden sich oft deutliche Qualitätssprünge, vor allem bei der Ausstattung. Apropos Ausstattung: Eine beliebte Strategie ist es, ein Komplettrad mit hochwertigem Rahmen, aber günstigen Komponenten zu kaufen, um es im Laufe der Zeit aufzurüsten. Letzten Endes geht das allerdings ins Geld und erfordert einen gewissen Überblick beziehungsweise fachliche Beratung.
Verzicht für Qualität
Eher lohnt es sich, hie und da an anderer Stelle auf Qualität zu setzen: Statt einer Federung, die aus Budgetgründen höchstens zweitklassig ausfallen würde, tun es in der Stadt auch voluminöse
Reifen. Einen Teil des Budgets sollte man allerdings unbedingt für ein angemessenes Fahrradschloss einplanen, rät Torsten Mendel von Abus: „Je besser das Rad, desto mehr sollte man auch in ein
gutes Schloss investieren. Im Ernstfall hat sich die Ausgabe gelohnt.“ Um es Gelegenheitsdieben, die es auf Sattel oder Reifen abgesehen haben, etwas schwerer zu machen, kann man zudem den
Händler bitten, die Schnellspanner austauschen, wenn das Rad nicht zum Transport zerlegt werden soll.
Der Zweck bestimmt die Ausstattung
Der geplante Einsatzzweck beeinflusst nicht nur die Radwahl, sondern auch die Ausstattung., etwa, was die Beleuchtung betrifft. Wer sich für ein Rennrad entscheidet, um in der Freizeit schnelle Runden zu drehen, greift beispielsweise zu kleinen Akkuleuchten, die sich in der Trikottasche
verstauen und mit einem Gummi an Lenker- und Sattelrohr anbringen lassen. „Alltagsradler:innen setzen am besten auf Nabendynamo und feste Lichtanlage“, empfiehlt Sebastian Göttling von Busch
& Müller.
Ein wichtiger Punkt wird oft vergessen: die Unterbringung. „Ob ich das Rad ständig die Kellertreppe rauf und runter tragen muss oder ob ich mir eine schicke kleine Fahrradgarage vors Haus stellen kann, macht einen gewaltigen Unterschied“, findet Andreas Hombach vom Stadtmöblierer WSM. Für manche Menschen stellt auch ein schwereres E‑Bike kein Problem dar – andere müssen sich zumindest Gedanken über alternative Abstellmöglichkeiten machen. Oder über ein Fahrrad, das kaum Platz braucht – ein Faltrad.
Termin vereinbaren
Sicher, man kann selbst bei einem spontanen Ladenbesuch Glück haben, aber nur wer sich vorher anmeldet, kann damit rechnen, dass die Verkäufer:innen Zeit für eine intensive Beratung haben. Das
gilt gerade jetzt während der Corona-Pandemie. Derzeit sind lediglich die Fahrradwerkstätten geöffnet. Und für die Zeit, in der der Verkauf wieder geöffnet ist, erwarten die Händler:innen einen
großen Zulauf – man erinnere sich nur an die Warteschlangen vor den Fahrradläden im Frühjahr 2020.
Also: Den Termin frühzeitig planen und dann genug Zeit mitbringen, denn oft dauert das Beratungsgespräch länger als gedacht. Dementsprechend sollte man Stoßzeiten wie Frühlingssamstage tunlichst
meiden; besser man nimmt sich unter der Woche frei. Bei manchen Läden kann man Beratungstermine mittlerweile im Netz buchen und manche bieten auch Kaufberatungen per Video oder Telefon an. Auch
Facebook-Chats oder Youtube-Videos von Herstellern sind eine praktische Möglichkeit, sich vorab zu informieren.
„Andere Händler:innen beraten auch außerhalb der Öffnungszeiten – dafür muss man aber selbstverständlich vorher anrufen“, betont Volker Dohrmann vom Fahrradhersteller Stevens. Bei der Terminabsprache kann man zudem fragen, ob es im Laden möglicherweise die Option einer Vermessung gibt. Diese ist nämlich nicht nur bei Maßrahmen sinnvoll, auch in Serie produzierte Räder lassen sich an die individuelle Anatomie anpassen. „Ergonomie ‚von der Stange’ gibt es natürlich nicht. Aber durch einen klug vorausgewählten Baukasten lässt sich aus standardisierten Teilen ein passendes Rad zusammenstellen“, erklärt Stefan Stiener von der Manufaktur Velotraum.
Ausrüstung mitbringen
Um das Fahrrad so zu testen, wie man es schlussendlich fahren möchte, empfiehlt es sich, die gewohnte Ausrüstung für die Probefahrt selbst mitzubringen. „In Alltagsbekleidung wie Anzug oder Rock
sitzt man anders im Sattel als in radspezifischer Funktionskleidung mit gepolsterter Hose und Trikot“, sagt Benedikt Tröster von Vaude.
Das betrifft aber nicht nur die Bekleidung. Ob etwa die
Fahrradtaschen passen und nicht beim Pedalieren stören oder ob der sonst so bequeme Lieblingsrucksack auf dem neuen Fahrrad plötzlich drückt, lässt sich nur feststellen, wenn man es ausprobiert.
Bei manchen Ausrüstungsgegenständen, wie etwa dem bevorzugten Sattel, können Händler:innen oft ersatzweise aushelfen, aber bei anderen Teilen des persönlichen Befindens wird das schon
schwieriger.
Das Wichtigste – lange Probefahrten
Ausreichend Zeit benötigt man für eine Probefahrt, denn die sollte nicht nur kurz um den Block gehen, vor allem wenn man das Fahrrad für längere Strecken braucht. „Viele Händler:innen bieten
mittlerweile an, das gewünschte Rad über das Wochenende auszuleihen. Das ist besonders bei E‑Bikes interessant, weil man so auch mal längere Touren und Anstiege testen kann“, sagt Jörg Matheis
von Riese & Müller. Dass es bei so viel Vertrauen mit besonderer Sorgfalt behandelt wird, sollte allerdings selbstverständlich sein. Manche Händler:innen verlangen eine Leihgebühr, die sie
päter mit dem Kaufpreis verrechnen. Als Strecke für die Probefahrt sollte man idealerweise direkt die Wege wählen, auf denen das Rad zum Einsatz kommen soll..
Das Rad passt grundsätzlich und es stören nur noch Kleinigkeiten? Dann erstmal herzlichen Glückwunsch! In Fachgeschäften haben Sie die Möglichkeit, noch Einstellungen zu ändern und verschiedene Sättel, Pedale, Griffe oder Lenker auszuprobieren. „Eine kleine Änderung bewirkt hier manchmal Wunder“, sagt Lothar Schiffner vom ergonomischen Teileanbieter Ergon. Um einen Vergleich zu haben, lohnt sich darüber hinaus die Probefahrt mit einem teureren Modell. So stellt man schnell fest, ob das ins Auge gefasste vermeintliche Schnäppchen einigermaßen mithalten kann.
Bildquellen:
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