Radfahren macht selbst bei Schnee und Eis Spaß – vorausgesetzt, die Ausrüstung stimmt. Um bei winterlichen Bedingungen zurechtzukommen, braucht es den passenden Reifen.
Anders als beim Auto ist ein Reifenwechsel am Fahrrad allerdings freiwillig – für Allwetterfahrer und Wintersportler trotzdem sinnvoll. Die Modellwahl hängt dabei auch von regionalen Bedingungen ab, wie der pressedienst-fahrrad zeigt.
In eher milden Wintern, wie sie in Deutschland zuletzt in vielen Regionen vorkamen, macht der Wechsel auf einen Ganzjahresreifen Sinn. Ein Beispiel ist der „Marathon GT 365“ von Schwalbe (39,90 Euro pro Reifen). Er ähnelt auf den ersten Blick stark einem klassischen Trekking-Reifen, sorgt aber laut Hersteller durch ein griffiges und wintertaugliches Lamellenprofil bei leichter Schneedecke und kalten Temperaturen für mehr Haftung. Normale Fahrradreifen verhärten dagegen bei kälteren Temperaturen, was zu Traktionsverlust führt. In der Folge bietet der Reifen weniger Halt, die Sturzgefahr steigt. „Die Aufstandsfläche eines Ganzjahresreifens vergrößert sich sowohl durch die Lamellen als auch durch ein weicheres Compound“, erklärt René Marks, Reifenentwickler bei Schwalbe. Die spezielle Gummimischung (engl. Compound) ist so abgestimmt, dass sie auch bei Kälte noch gute Haftung auf der Straße bietet – und zwar bis ca. ‑10 Grad Celsius. Dazu verfügt der Allwetterreifen über einen hohen Pannenschutz – gerade auf mit Rollsplitt gestreuten Radwegen und Fahrbahnen ein nicht zu unterschätzender Faktor, um einen Platten zu verhindern.
Bei Eis helfen nur Spikes
„Wenn es richtig glatt wird, hilft unserer Meinung nach aber nur ein Spike-Reifen“, rät Marks. Anders als beim Auto sind diese am Fahrrad und E‑Bike erlaubt. Einzig an S‑Pedelecs dürfen sie nicht verbaut
werden, da diese als Kleinkrafträder eingestuft sind. Der Vorteil des Spike-Reifens: Kleine Metallstifte krallen sich am Boden fest und verhindern ein Wegrutschen selbst auf Glatteis. Bei
Mindestluftdruck funktioniert das am besten, da so die meisten Spikes gleichzeitig Bodenkontakt haben. Die Krallen aus Wolframcarbid zeigen auf Asphalt laut Hersteller keinen größeren Verschleiß.
„Allerdings sollte man bedenken, dass die Radgeräusche und der Rollwiderstand von Spikes auf eisfreier Strecke deutlich höher sind.
Spike-Reifen sind deshalb nur etwas für vereiste, windig-kalte Tage“, ergänzt Daniel Gareus von Cosmic Sports, Partner des Winterspezialisten 45Nrth. Generell sollte man bei der Auswahl des Reifens die Anzahl der Spikes beachten: Mehr Spikes sorgen für bessere Traktion auf Eis, rollen aber schlechter auf Asphalt. Darum finden sich bei Alltagsreifen die Spikes vor allem an den Reifenschultern, um normalen Rollwiderstand und gleichzeitig mehr Halt in Kurven zu bieten. Ein Beispiel ist der „Marathon Winter Plus“ (59,90 Euro pro Reifen) von Schwalbe. Zwischen 200 und 240 Spikes (je nach Reifengröße) sind links und rechts der Lauffläche verbaut. Dadurch sollen selbst extreme Kurvenlagen und Vollbremsungen auf Glatteis gut beherrschbar sein. Pannenschutz und eine Winter-Gummimischung sind ebenfalls Standard.
Sportlich über Eis und Schnee
Wer etwas sportlicher unterwegs ist, kann zum „Klondike K‑1014“ von Kenda (49,90 Euro pro Reifen) greifen. Der Spike-Reifen wurde eigentlich für den Cyclocross-Sport entwickelt, wird jedoch auch gerne an Trekking- und Commuter-Bikes verbaut. Dank 100 Spikes gibt
der dünne Reifen bei leicht vereisten Strecken noch ordentlich Grip. Sein Profil basiert auf dem eines MTB-Reifens, jedoch findet sich mittig eine durchgehende Lauffläche für geringeren
Rollwiderstand. Profilierte Mountainbike-Reifen besitzen den
Vorteil, dass sie generell mehr Traktion bieten.
Profilierte Mountainbike-Reifen besitzen den Vorteil, dass sie generell mehr Traktion bieten. Deshalb wechselt so mancher Pendler im Winter lieber auf das MTB. Wenn dann doch Schnee und Eis in Massen kommen, ist der spezielle MTB-Spike-Reifen „Ice Spiker Pro“ (ab 68,90 Euro pro Reifen) von Schwalbe ein passender Begleiter. Mit bis zu 402 Spikes nimmt er selbst Blitzeis den Schrecken. So lassen sich auch Waldwege und verschneite Trails bewerkstelligen. Vor dem Winterstart sollten alle Spike-Reifen übrigens ein paar Tage lang auf eisfreier Strecke eingefahren werden.
Auch Rennradler sollten wechseln
Für Rennradfahrer lohnt sich ebenfalls ein Wechsel. Die meisten Reifenhersteller setzen für den Winter auf einen profilierteren Reifen anstelle der im Sommer üblichen Slicks. „Dafür braucht es
mehr Gummi, stärkere Reifenflanken, spezielle Schutzeinlagen und eine spezifische Gummimischung“, erklärt Peter Krischio, für den Rennradbereich bei Schwalbe zuständig. So dringe kein Split in
den Reifen, was den Pannenschutz erhöht. Schwalbe hat beispielsweise seinen „Durano DD“ (ab 32,90 Euro pro Reifen) überabeitet und bietet ihn nun mit einem neuen Addix-Compound an. „In
Kombination mit unserer Double-Defense-Technologie können sich Rennradfahrer auch bei schwierigen Bedingungen auf hohe Pannensicherheit und guten Grip freuen.
Im Winter sollte für den Hobbysportler immer Pannensicherheit vor Rollwiderstand stehen“, rät Krischio. Abseits der Straße bietet sich das Fatbike bei tiefem Schnee als Trainingsgerät an. Dank der extrem breiten Reifen kann es mit wenig Reifendruck gefahren werden, was ein Einsinken verhindert. Doch auch beim Fatbike gilt: Bei Eis lieber einen Spike-Reifen nutzen! Der Winterexperte 45Nrth hat deshalb ein umfangreiches Sortiment derartiger Reifen, u. a. den „Wrathlorde“ (249,99 Euro pro Reifen). Im Alltag findet dieser Reifen allerdings kaum eine Verwendung, sondern ist für den eisigen Abenteuer-Ausflug in den Alpen und hohen Mittelgebirgen konzipiert.