IAA wird zu Mobilitätsplattform und inkludiert das Thema Fahrrad

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Die IAA kommt im September 2021 nach München und will dort zum ersten Mal auch sehr intensiv das Thema Fahrrad abbilden. Im Doppelinterview erklären Tobias Gröber, Executive Director Business Unit Consumer Goods bei der Messe München, und Dr. Martin Koers, VDA-Geschäftsführer (Verband der Automobilindustrie), die Pläne, Ziele und Ideen, die mit dem neuen Konzept der Messe als Mobilitätsplattform erreicht werden sollen.


Das Interview führte Daniel Hrkac. Erstmals erschienen im Velobiz.de Magazin Ausgabe 08/20 und auf Velobiz.de


Die Interviewpartner:

li: Dr. Martin Koers, VDA-Geschäftsführer (Verband der Automobilindustrie)

re: Tobias Gröber, Executive Director Business Unit Consumer Goods bei der Messe München


Die IAA kommt nach München. Mit dabei ist eine neue Ausrichtung als Mobilitätsplattform. Was genau ist damit gemeint?

Koers: Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen – und das in allen Facetten zu erfüllen, ist eine immer größere Herausforderung für unsere Gesellschaft, der sich Wirtschaft und Politik stellen müssen. Die neue IAA wird Wege aufzeigen, wie diese Mobilitätsaufgaben verbunden werden können: ökologisch, effizient, wirtschaftlich und sozial. Diese neue IAA in München soll Treiber und Impulsgeber für Lösungen zur Mobilität der Zukunft sein.
Mobilität wird häufig als ein Entweder-oder dargestellt: Fahrspaß oder Nachhaltigkeit, Stadt oder Land, individuell oder öffentlich, Automobil oder Fahrrad. Aber Mobilität ist stets ein vielfältiges »Und«. Genau dieses »Und« soll inhaltlicher Kern der neuen IAA sein. Auch Mobilität und Klimaschutz sind keine Gegensätze, sie sind vielmehr immer miteinander verknüpft. Neueste Technologien sind Basis für eine neue Nachhaltigkeit. Diese IAA wird das in aller Vielfalt zeigen.

Welche Rolle kommt dabei der Fahrradwelt zu?

Koers: Da Mobilität kein Entweder-oder ist, sondern das »Und« im Vordergrund steht, positionieren wir die IAA mit Blick auf alle Verkehrsträger. Neben dem Automobil kommen Fahrräder, E-Bike, E-Scooter und natürlich der ÖPNV in seiner Vielfalt hinzu. Die IAA wird sich somit von einer reinen Automobil- zu einer umfassenden Mobilitätsplattform weiterentwickeln. Die IAA soll darüber hinaus Initialzündung dafür sein, dass sich die austragende Stadt zu einer Smart City mit intelligenten Verkehrskonzepten und innovativer Vernetzung der Verkehrsträger entwickelt – nachhaltig und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet. München und die Konzeption der Stadt bieten dafür – und damit für den Neustart der IAA – die besten Voraussetzungen.

Mit der Outdoor by Ispo findet sich ja bereits eine weitere Plattform in München, auf der Fahrradsegmente wie Bikewear prominent zu finden waren. Welche Pläne bestehen hier in Bezug auf Fahrradthemen?

Gröber: Die Outdoor by Ispo wird den Fokus auf Softgoods (Apparel) und Accessoires (Helme, Taschen, Schlösser) behalten. Ende Juni bleibt das perfekte Vororder-Timing für Bekleider.

Wie sinnvoll ist es aus Sicht der Messe München, das Thema Fahrrad an zwei Terminen abzubilden?

Gröber: Wir teilen in Softgoods & Hardgoods, nicht Fahrrad als solches auf zwei Plattformen. Die Outdoor by Ispo ist eine reine B2B-Messe und öffnet den Softgoods-Marken die europäischen Multisport-Key-Accounts und großen E-Tailer. Der Anteil der stationären, reinen Fahrradhändler vor Ort wird dort weit geringer als bei der IAA sein, jedoch liegt das Bekleider-Umsatzvolumen nicht in diesem Channel.

Wo wird der Endverbraucher während der IAA zu finden sein? Auch auf dem Messegelände oder nur in den Open Spaces und Teststrecken?

Koers: Wir bringen die IAA zum Bürger, auf die Straße, in die Stadt. Für den IAA-Besucher werden alle drei Bereiche sehr spannend sein: Der Summit auf dem Messegelände, die Blue Lane als Teststrecke und der Open Space in der Innenstadt. Mehr denn je will die neue IAA Mobilität mit allen Sinnen erlebbar machen: Technologie sehen, erfahren und darüber diskutieren. Die Fahrradindustrie und Radfahrer finden somit vielfältige Möglichkeiten.

Wie soll der Fahrradfachhändler für einen Messebesuch gewonnen werden?

Gröber: Ispo hat über die letzten Jahre mit »Altogether to Munich« ein Retail-Activation-Tool entwickelt und getestet. Es handelt sich um eine online-basierte Plattform für ausstellende Marken, um automatisierte Einladungen in sieben Sprachen, inklusive einer unbegrenzten Zahl an kostenfreien Retailer-Tickets versenden zu können.
Darüber hinaus gilt es, Anreize für den Händler zu schaffen: Side-Events, aber auch Schulungen, Workshops und generelle Networking-Plattformen explizit für den Einzel- und Großhandel. Basis bildet das Konzept des Ispo »Future of Retail Lab«.
Gleichzeitig ist zu betonen: Die IAA ist im September terminiert. Bis dahin sind 90 Prozent der Komplettbike-Orders geschrieben. Parts & Accessoires sind hier ordertechnisch relevanter. Jedoch: Messen als reine Orderplattformen zu sehen, ist eine Denke von vor 25 Jahren.
Unser Ziel ist es, auf dem Messegelände eine B2B-Networking-Plattform für alle Stakeholder des Fahrrades zu schaffen, Einzel- und Großhändler, Produkt-, Marketing- und Salesmanager der Marken und Zulieferer, (verkehrs-)politische Entscheidungsträger, Verbände, Tech-Start-ups.
Im Münchner Stadtzentrum wollen wir als Branche die Fahrradkultur und -szene zusammen mit unseren Kunden zelebrieren: Auf dem Open Space und der Blue Line, wo die Produkte getestet werden können, aber auch mit spannenden, weiteren Side-Events.

Mancher Skeptiker in der Radbranche sieht die Gefahr, dass das Fahrrad auf der IAA nur als Feigenblatt genutzt wird. Wie kann die Messe das Gegenteil beweisen? Was ist die Messe-»Substanz« mit Blick aufs Rad?

Koers: Wir sollten uns grundsätzlich vom Denken in Gegensätzen verabschieden. Es geht doch nicht um »Auto oder Fahrrad«, sondern um den ganzheitlichen Ansatz, der nachhaltige Mobilität, besonders im urbanen Raum, nach vorne bringt. Die IAA ist keine »Messe« mehr im herkömmlichen Sinn, sondern eine innovative Mobilitätsplattform. Dazu gehören Automobile, E-Bike, E-Scooter, Fahrräder, Motorroller und Motorräder, Busse, Bahnen, der ÖPNV sowie die digitalen Servicenetze, die immer wichtiger werden.
Andererseits lebt jede Marktwirtschaft vom Wettbewerb. Es geht also auf der IAA immer auch darum, die besonderen Stärken des jeweiligen Transportmittels hervorzuheben und in ein Mobilitäts-Gesamtkonzept zu integrieren.

Bis zur nächsten IAA ist es nun noch ein gutes Jahr. Was sind die nächsten Schritte? Wann und wie werden Sie auf die Fahrradbranche zugehen und sie zu überzeugen suchen?

Gröber: Um ein Momentum für die Plattform zu schaffen, benötigen wir das Commitment ausgewählter, größerer Partner: E-Antriebe, Schaltung/Komponenten und Komplettbike.
Die Gespräche mit den Unternehmen der Branche stehen ab August an. Im vierten Quartal werden wir über den aktuellen Status berichten. Parallel sprechen wir mit den Radverbänden, um ihre Anforderungen aufzunehmen.
Zu den praktischen Fragen der Präsentation auf der IAA: Open Space und Blue Lane können markenseitig sehr einfach mit bestehenden Event-Tools bespielt werden. Für den Summit (Messegelände) empfehlen wir, keinen eigenen Standbau zu nutzen, sondern vorgebaute, individualisierbare Paketstände. Diese sind deutlich kosteneffizienter und reduzieren den Aufwand.

 

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