E-Bikes gehören längst zum Alltag auf deutschen Straßen. Ob in der Freizeit, für den Weg zur Arbeit, als Sportgerät oder als Alternative für den Warentransport in unseren verstopften Städten – das E-Bike bietet attraktive Lösungen für viele Bereiche. E-Bikes sind Verkaufsschlager und Motor der deutschen Fahrradindustrie. Damit rückt die Frage in den Vordergrund, was mit den alten Akkus passiert. Auch auf der Eurobike, die von 4. bis 7. September in Friedrichshafen stattfindet, sorgt das für Diskussionsstoff.
2018 waren knapp 24 Prozent der verkauften Fahrräder in Deutschland strombetrieben. 980 000 Stück brachte der Handel im vergangenen Jahr nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) unter die Leute. Fast jedes vierte neu verkaufte Fahrrad ist damit mit Akku ausgestattet. Die starke Zunahme der E-Mobilität macht die Frage des Recyclings und der Entsorgung der gebrauchten Lithium-Ionen-Akkus zu einem immer wichtigeren Thema. Denn so ein Akku bringt etwa zwei bis fünf Jahre seine volle Leistung - je nach Ladezyklen und gefahrenen Kilometern. Dann geht ihm langsam der Saft aus.
Noch kommt die größte Menge aus Rasenmähern, Akkuschraubern und Co. Experten gehen aber davon aus, dass die Zahl, die aus Fahrzeugen wie Fahrrädern oder Scootern kommt, mengenmäßig diese Batterien schon bald ablösen werden. Händler Thorsten Larschow, der in Cuxhaven ein Geschäft betreibt und auf der Eurobike vertreten ist, glaubt, dass in naher Zukunft fast jeder in den Industrieländern ein E-Bike besitzen wird. „Der Boom hat aus meiner Sicht noch gar nicht richtig angefangen.“ Viele seiner Kunden, deren Akku nicht mehr die volle Leistungsfähigkeit bringt, kaufen sich einen neuen und behalten den alten als Ersatz. „Hochwertige Hersteller wie Panasonic, Yamaha oder Bosch bieten nach wie vor alle Modelle an“, erzählt Larschow. Lithium-Ionen-Akkus, die defekt sind oder vom Verbraucher als zu schwach eingestuft werden, landen im sogenannten ‚Gemeinsamen Rücknahmesystem‘ (GRS). Die Entsorgung im Hausmüll ist verboten.
Und wie sieht es mit einem Second Life für Batteriezellen aus ausrangierten E-Bike-Akkus aus? Christian Henkmann hält das für unrealistisch. „Diese Wiederverwertung in Speicheranlagen für regenerative Energien -– wie etwa Solarkraft – macht nur mit großen Auto-Akkus Sinn“, sagt Henkmann. Die zwölf Volt einer Fahrradbatterie würden für eine Power-Storage-Anlage viel zu wenig Speicherplatz bieten. „Da können sie gerade mal einen kleinen Ventilator betreiben.“
Auch von Refresher-Firmen, die defekte Akkus wieder reparieren, halten die Fachleute von GRS wenig. „Wenn hinterher der Akku brennt, übernimmt kein Hersteller mehr die Garantie“, gibt Henkmann zu bedenken. Geschäftsführerin Yuqian Sun von Emina HT im schwäbischen Westhausen sieht das anders. Ihr Unternehmen will natürliche Ressourcen schonen und hat sich deshalb unter anderem auf Reparaturen von Fahrrad-Akkus spezialisiert. Emina HT arbeitet nach ihren Angaben mit Herstellern aus ganz Europa zusammen – also nicht mit Endkunden. „Wenn die Platine defekt ist, kann man die ganz einfach austauschen“, erklärt sie. Schwieriger wird es, wenn die Batteriezellen kaputt sind. Denn sobald eine Zelle nicht mehr funktioniert, schaltet der Akku aus Sicherheitsgründen ab.
E-Mobility-Spezialisten wie etwa die BMZ Group mit Hauptsitz in Karlstein am Main sind froh darüber, dass inzwischen schon mehr als 50 Prozent eines E-Bike-Akkus recycelt werden kann. „Wir sind da auf einem guten Weg“, sagt Key Account Manager Ulrich Stiller. Auf der Eurobike stellt die BMZ Group den neuen Norm-Akku V 10 vor, der nicht nur eine große Reichweite hat, sondern auch kleiner und leichter als die alten Modelle ist und „in verschiedenen Antriebssystemen verbaut werden kann“, wie Stiller erklärt. Mit dazu gehört auch ein Standardladegerät.
Hannes Neupert, Executive Direktor des unabhängigen Kompetenzzentrums Extra Energy in Thüringen, ist ein Verfechter genormter Akkus für strombetriebene Räder inklusive standardisierter Schnittstelle zum Laden, wie es bereits bei modernen Mobiltelefonen üblich ist. Denn wenn der neue Motor nicht mehr in den alten Rahmen passe, könne man das Fahrrad nur noch wegwerfen. Händler Thorsten Larschow hält das für übertrieben. Seiner Erfahrung nach können auch ältere Antriebssysteme noch mit Akkus nachgerüstet werden - zumindest bei den hochwertigen Anbietern.