So unscheinbar er für viele Menschen auch wirkt, er ist eines der wichtigsten Teile am Fahrrad: der Reifen. Auf einer Fläche deutlich kleiner als eine Postkarte überträgt er Bremskraft und Beschleunigungsenergie und unzählige kleinster Lenkimpulse – bei jeder Fahrt. Von einem guten Reifen nimmt man bestenfalls kaum Notiz, er verrichtet zuverlässig seine harte Arbeit. Aber auch der beste Reifen ist irgendwann verschlissen und muss ersetzt werden. Der pressedienst‐fahrrad erklärt die wichtigsten Begriffe beim Reifenkauf.
Luftdruck
„Der richtige Luftdruck ist entscheidend für das Fahrverhalten eines Fahrrades. Zuviel Druck und der Reifen springt, zu wenig und er walkt“, weiß Sarah Schlinkmann vom Pumpenspezialisten SKS Germany. Sie hat dafür jedoch eine gute Lösung parat: „Man sollte regelmäßig den Reifendruck überprüfen und ggf. anpassen. Eine Standpumpe mit präzisem Manometer wie unsere ‚Airworx Plus 10.0‘ (54,99 Euro) oder ein externer Reifendruckprüfer wie der ‚Airchecker‘ (24,99 Euro) helfen dabei.“ Den richtigen Reifendruck zu finden ist dabei gerade im sportlichen Bereich eine Wissenschaft für sich. „Um Orientierung zu geben, prägen wir deshalb den Mindest‐ sowie Maximaldruck in bar und psi auf die Reifenflanken“, beruhigt Doris Klytta, Marketingleiterin beim oberbergischen Reifenhersteller Schwalbe.
Zahlenspiele
Apropos Reifenflanke: Neben der Angabe zur Druckempfehlung, Hersteller‐ und Produktnamen sowie diversen Hinweisen auf die verwendete Technologie finden sich dort weitere wichtige Angaben. „Da ist zunächst einmal die Größenangabe sowohl in der metrischen ETRTO‐Einheit als auch im angelsächsischen Zoll“, erläutert Klytta. Wer einen verschlissenen Reifen schlicht ersetzen will, kauft am besten einfach dieselbe Größe. So ist sichergestellt, dass der Reifen passt und nirgends schleift. Sportradler, die mit verschiedenen Modellen und Größen experimentieren, sollten sich vorher schlau machen, welche Reifendimensionen in ihr Rad passen. Eine andere wichtige Angabe werde von manchem Hobbyschrauber im Eifer des Reifenwechsel‐Gefechts übersehen, erinnert Klytta weiter. Manche Reifen haben ein sogenanntes laufrichtungsgebundenes Profil, sprich: sie haben eine Drehrichtung. Diese ist meist mit einem kleinen Pfeil und dem Wort „Rotation“ auf der Reifenflanke gekennzeichnet.
Profil
Bis auf hochspezialisierte Rennradreifen hat eigentlich fast jeder Fahrradreifen ein Profil auf der Lauffläche. „Auf festem Untergrund sind geschlossene Profile im Vorteil, während sich die offenen Profile von Mountainbike-Reifen mit ihren oft frei stehenden Stollen mit weichem Untergrund regelrecht verzahnen“, erklärt Daniel Gareus vom fränkischen Importeur Cosmic Sports, der mit Onza und E*thirteen gleich zwei Hersteller im Portfolio hat, die sich auf MTB‐Reifen spezialisiert haben. Anders als beim Auto ist beim Fahrrad aber kein Mindestprofil vorgeschrieben. Lediglich bei S‐Pedelecs ist eine Profiltiefe von einem Millimeter vorgeschrieben.
Karkasse
„Als Karkasse bezeichnet man das Grundgewebe, das den eigentlichen Reifengummi trägt. Die Karkasse ist das Rückgrat jedes Reifens“, weiß Martin Buchta, beim deutschen Importeur Messingschlager für den Reifenhersteller Kenda verantwortlich. Verwendet werden dazu meist Kunstfasern, aber auch Naturfasern wie Baumwolle können zum Einsatz kommen. Die Konstruktion der Karkasse bestimmt maßgeblich die Stabilität des Reifens und somit Eigenschaften wie Fahrsicherheit, Komfort und Pannenschutz.
Gummimischung (engl. Compound)
Die Lauffläche eines Fahrradreifens ist aus Gummi. So einfach und doch so kompliziert, erklärt Kristina Jordan von Sport Import, die seit kurzem Gravel‐ und MTB‐Reifen des US‐amerikanischen Spezialisten WTB vertreiben: „Allein bei WTB gibt es aktuell fünf verschiedene Gummimischungen, um den unterschiedlichen Ansprüchen an Haftung, Rollwiderstand und Verschleißarmut gerecht zu werden.“ Denn die richtige Mischung zu finden, sei, so Jordan weiter, wie die berühmte Quadratur des Kreises: „Viel Grip, wenig Rollwiderstand und minimaler Verschleiß gehen so nicht zusammen. Eine gute Mischung muss immer auch an den richtigen Stellen gute Kompromisse machen.“
Rollwiderstand
Für viele Rennradler die wichtigste Frage: Wie leicht rollt der Reifen bzw. wie viele meiner mühsam antrainierten Watt fallen der Reibung zum Opfer? „Der Rollwiderstand setzt sich zusammen aus vielen Faktoren, wie Profil, Karkasse und Gummimischung“, erklärt Peter Krischio, Produktmanager Race bei Schwalbe. „Ein geringer Rollwiderstand klingt zunächst gut, ist aber nur sinnvoll, solange er nicht zulasten anderer wichtiger Faktoren wie Traktion oder Pannenschutz geht. Welche Eigenschaften wie wichtig sind, definieren wir für jeden Reifen einzeln“, erklärt der Experte, denn einem Mountainbiker seien naturgemäß andere Punkte wichtig als einem Pendler oder einem Rennradfahrer im Wettkampf.
Unplattbar
Wünschen wir uns das nicht alle? Nie wieder Platten! Marktführer Schwalbe arbeitet mit seinen Reifen der „Marathon-Plus“-Serie (39,90 Euro/Stück) seit Jahren daran, diesem Ideal gerecht zu werden. „In der jüngsten Generation haben wir unserem einzigartigen, patentgeschützten Pannenschutzgürtel noch eine ‚Anti-Aging‘-Reifenwand an die Seite gestellt. So sind die Marathon‐Plus‐Reifen nicht nur extrem pannensicher, sondern altern auch langsamer“, berichtet Doris Klytta von Schwalbe. Die Reichshofer sind sich ihrer Sache so sicher, dass sie sich den Begriff „unplattbar“ sogar geschützt haben. „Marathon Plus‐Reifen sind weltweit die einzigen Reifen, die sich unplattbar nennen dürfen.“
Tubeless
Dass im Inneren eines Fahrzeugreifens ein Schlauch steckt, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eher eine Ausnahme. Auto‐ und Motorradreifen etwa werden ohne Schlauch montiert. Dafür müssen sie so dicht sitzen, dass man sie ohne Spezialmaschinen nicht auf die Felge bekommt. Auch im (sportlichen) Fahrradbereich setzen sich schlauchlose Systeme immer mehr durch, denn die Vorteile bestechen, wie Markus Hachmeyer, Produktmanager MTB bei Schwalbe weiß: „Weniger Rollwiderstand, mehr Grip und höherer Pannenschutz. In den Reifen wird eine Dichtmilch gefüllt, die kleinere Undichtigkeiten, Risse und Löcher in wenigen Augenblicken verschließt.“ Gerade Mountainbiker freuen sich über die Möglichkeit, geringere Drücke für mehr Grip zu fahren, ohne den gefürchteten „Snakebite“ im Schlauch zu erleiden, wenn der Schlauch bei einem Durchschlag von den Felgenhörnern beschädigt wird. Die Montage klappt übrigens ohne Spezialmaschinen. Eine Pumpe mit Hochdruckreservoir oder ein externes Druckreservoir wie der Schwalbe „Tire Booster“ (59,90 Euro) sind aber hilfreich.
Airless
Über den richtigen Reifendruck müssen sich Nutzer des „Airless“-Systems, bestehend aus Reifen und Füllkern (84,90 Euro/Set), keine Gedanken mehr machen. Bei dieser Weltneuheit aus dem Hause Schwalbe ersetzt ein Einsatz aus expandiertem, thermoplastischem Polyurethan die Luftfüllung im Schlauch‐ bzw. Tubeless-Reifen. „Im Reifen fährt sich das E‐TPU etwa wie ein Luftdruck von 3,5 Bar und hält bei üblicher Nutzung bis zu 10.000 Kilometer“, erklärt René Marks, Produktmanager Tour und Airless‐Verantwortlicher bei Schwalbe. In dieser Zeit verspricht der Hersteller: „Nie wieder Aufpumpen“. Da der Rollwiderstand des Systems höher ist als von Schlauch‐ oder Tubeless‐Systemen, empfiehlt sich die neue Technik v. a. auf Kurzstrecken sowie für E‐Biker, Leihradflotten oder Alltagsradler, denen geringstmöglicher Wartungsaufwand besonders wichtig ist.
E‐Bike‐Reifen
Apropos E‐Biker: Gewicht und dadurch Beschleunigungs‐ und Bremskräfte sind bei elektrifizierten Velos in der Regel höher als bei ihren Bio‐Kollegen. Deshalb machen sind auch spezielle E‐Bike-Reifen absolut sinnvoll, die extra für die größeren Kräfte konzipiert wurden. „Wir kennzeichnen Reifen für den Pedelec-Einsatz mit dem Label ‚E‐Bike Ready 25‘. Reifen für die schnelleren S‐Pedelecs brauchen zudem die europaweit gültige ECE‐R75‐Zulassung. Alle unsere Energizer‐Reifen und die gängigsten Größen der „unplattbaren“ Marathon Plus‐Modelle tragen dieses Prüfzeichen und sind für Fahrzeuge bis 50 km/h zugelassen“, so René Marks.
Ganzjahres‐ und Spike‐Reifen
Der nächste Winter kommt bestimmt und mit ihm Schnee, Eis und Regen. Spätestens wenn die Menschen ihre Autos auf Winterreifen stellen, dürfen auch Radfahrer sich fragen, ob ihre Bereifung auch „witterungsangepasst“ ist, wie es so schön in der STVO heißt. „Die einfachste Lösung sind Ganzjahresreifen wie der Marathon GT 365 (39,90 Euro), dessen Lamellen im Profil sich eng mit dem Untergrund verzahnen“, empfiehlt Doris Klytta von Schwalbe. Wer häufig mit Eis oder hart verpresstem Schnee zu tun habe, solle aber lieber Spikereifen mit kleinen Metallschrauben in der Lauffläche verwenden, ergänzt Klytta noch. Diese Spezialisten sind aber nichts mehr für den Ganzjahreseinsatz auf Asphalt und Schotter. Deshalb gilt hier wie beim Auto: nach dem Winter zurückwechseln.