Er war gut drauf, sagte: "Ich will etwas zeigen und einen Podiumsplatz einfahren." Gemeint ist der deutsche Radprofi Björn Thurau, der für das belgische Wanty-Team fährt. Josef Bernhart hat
Thurau für VeloTOTAL in Innsbruck getroffen. Vor dem Start zur 1. Etappe der 68. Österreich Rundfahrt 2016. Und vor seinem schlimmen Sturz.
Deutsche Legende
Björn Thurau hat einen berühmten Nachnamen. Er ist der Sohn der Radlegende Dietrich Thurau, genannt „Didi“, oder wie ihn die Deutschen seit 1977 nennen: „Blonder Engel“. Das ist nicht nur Segen,
sondern auch Fluch. Vor allem dann, wenn alle Welt vom Sohn jene Erfolge erwartet, die der Vater einfuhr. 15 Tage im Gelben Trikot, am Ende Platz fünf, bester Jungprofi, der Held einer ganzen
Nation. Didi Thurau ist heute noch ein Radstar, auch wenn seine Karriere mit allen Höhen und Tiefen verlaufen ist. Er gewann die Deutschland Tour 1979, den Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich. Und
1983 führte er Italo-Legende Giuseppe Saronni zum Giro-Sieg. Er selbst erreichte Platz fünf. „Ich hätte damals siegen können“, sagt Thurau heute, aber die Abmachungen waren klar. Saronni soll den
Giro gewinnen.
Giro-Erfahrung
Apropos Giro d’Italia. Auch Björn Thurau ist den Giro bereits gefahren und hat gute Erinnerungen daran. Vor zwei Jahren, in Diensten des französischen Europcar-Teams. Es war seine erste große
Rundfahrt und eine gute, auch wenn er sie nicht zu Ende brachte. Als bester Deutscher im Gesamtklassement und nach mehreren Ausreißversuchen auf Flachetappen, musste Björn Thurau, frierend und
ausgehungert vom Rad steigen. Es war auf der Fahrt zur Cima Coppi, der Königsetappe auf das legendäre Stilfser Joch, bei Schnee und eisigem Regen. „Ich komme aber wieder und werde die Strecke
noch einmal im Renn-Modus hochfahren“, erklärte Thurau in Innsbruck. Und ergänzte: „Mein Ziel ist nun die Tour de France 2017.“
Tour-Ambitionen
Wie bekannt wird die Frankreich Rundfahrt im kommenden Jahr in Düsseldorf beginnen. Dann werden 40 Jahre vergangen sein, seitdem der „Blonde Engel“ die Deutschen in den Bann zog. Didi Thurau wird
an der Strecke stehen und hoffen, seinen Sohn anfeuern zu können. So, wie beim Giro 2014, wo Vater Thurau im Vinschgauer Martelltal auf seinen Björn wartete. Damals leider vergebens. Was es
allerdings braucht, ist ein gutes Team für Björn Thurau. Bei Wanty hat er nur einen Ein-Jahres-Vertrag. Vermutlich war es ein Fehler, das deutsche Bora-Team im letzten Jahr zu verlassen. Bora hat
erst kürzlich den Einstieg potenter Geldgeber in sein Team verkündet. Im Hinblick auf die Tour de France 2017. Einige Erfolge und ein gutes Team wären die Startgarantie für Björn Thurau. Für sein
großes Ziel: die Tour de France mit Auftakt in Deutschland.
Weiterfahren und kämpfen
Ob es so weit kommt, steht allerdings noch in den Sternen. Björn Thurau war ambitioniert, als es bei der Österreich Rundfahrt von Innsbruck nach Salzburg ging. Vermutlich zu ambitioniert. Bei
Kilometer vierzig wollte er es allen zeigen, versuchte wegzufahren und stürzte. So schwer, dass er noch am Abend ins Krankenhaus musste. Die Diagnose folgte einen Tag später: Einblutungen unter
dem Schlüsselbein mit Rissen in der Schultergürtelmuskulatur. Thurau, der auch noch die zweite Etappe zu Ende fuhr, sah sich zum Aufgeben gezwungen und kommentierte: „Jeder große Charakter war
schon einmal unten und hatte Rückschläge. Das wichtige ist aber zu sagen, ich kämpfe und stehe wieder auf.“
Redaktion: Dr. Josef Bernhart