Der Österreicher und die Norwegerin haben sich im Rahmen des Südtirol Sellaronda Hero in Gröden jeweils mit Start-Ziel-Siegen durchgesetzt. Der Hero gilt nicht nur als eines der härtesten, spektakulärsten und landschaftlich schönsten Mountainbike-Rennen, sondern wurde in diesem Jahr zugleich als Marathon-Weltmeisterschaft gewertet.
Eine Traumkulisse im Herzen der Dolomiten und eine Streckenführung, die den Athleten alles abverlangt hat: der Südtirol Sellaronda Hero hat sich als weltmeisterschaftswürdig erwiesen und mit
Alban Lakata und Gunn Rita Dahle-Flesjaa zwei verdiente Sieger hervorgebracht, die nun das begehrte Regenbogentrikot des UCI-Weltmeisters tragen dürfen.
Beide neuen Weltmeister haben ihren Sieg souverän eingefahren. So gab Alban Lakata schon auf den ersten der insgesamt 87 mit anspruchsvollen Anstiegen (insgesamt 4700 Höhenmeter) gespickten
Kilometer rund um Sellastock und Langkofel, also durch Gröden, Alta Badia, Arabba, das Fassatal und über die Seiser Alm, das Tempo vor. Nach der ersten Abfahrt nach Corvara sowie dem Aufstieg
nach Pralongià hatte er einen Vorsprung von rund 40 Sekunden, am Pordoijoch, dem zweithöchsten Punkt des Rennens, waren es bereits eineinhalb Minuten, die Lakata souverän ins Ziel in Wolkenstein
bringen konnte.
"Das heutige war ein großartiges Rennen, vielleicht eines der besten, die ich in meiner Karriere gefahren bin", so Lakata in einer ersten Stellungnahme. Er fühle sich in Gröden wohl, habe sich
nicht von den steilen Anstiegen beeindrucken lassen und auch die äußeren Bedingungen mit nicht zu hohen Temperaturen seien ihm entgegen gekommen. Bei jedem Aufstieg habe er versucht, Tempo zu
machen, weil er gewusst habe, dass seine ärgsten Verfolger, Leonardo Paez und Christoph Sauser, nicht locker lassen würden. "Ich wollte diesen Sieg und hatte heute wirklich gute Beine", so
Lakata, der lakonisch ergänzt: "Ich habe meinen Job gemacht."
Anders als jener um Gold war der Kampf um Silber und Bronze. Bis wenige hundert Meter vor dem Ziel in Wolkenstein war dieser völlig offen. Paez, mit drei Siegen beim Südtirol Sellaronda Hero so
etwas wie der Lokalmatador, und der dreimalige Weltmeister Sauser, wechselten sich in der Führungsarbeit ab, um ihren Vorsprung nach hinten abzusichern und vielleicht auch Lakata noch gefährlich
werden zu können. Erst auf dem letzten Kilometer konnte sich Sauser im letzten Rennen seiner großen Karriere absetzen und den Kolumbianer hinter sich lassen.
Dabei sah es für Vizeweltmeister Christoph Sauser gar nicht nach Medaille aus: "In den ersten zweieinhalb Stunden hatte ich Schwierigkeiten mitzuhalten, weil mein Motor wie ein Schiffsmotor lief:
immer mit derselben Geschwindigkeit", so Sauser, der trotzdem mit der Verfolgergruppe mithalten konnte: "Nach dem Singletrail aufs Pordoijoch wusste ich irgendwann, dass ich eine Medaille holen
konnte", so Sauser. Mit Lakata habe heute der Beste gewonnen, der Kampf um Platz zwei sei hart gewesen: "Ich bin ein cleverer Fahrer, nur manchmal ein bisschen faul, deshalb habe ich bis zur
letzten Abfahrt mit dem Angriff gewartet", erklärte der Schweizer nach seinem letzten Rennen: "Meine Karriere mit einem zweiten Platz zu beenden, ist sehr, sehr schön."
Als Hero-Seriensieger hatte Leonardo Paez zum engsten Favoritenkreis gehört, allerdings war der Kolumbianer nicht in Bestverfassung nach Gröden gekommen. "Ich habe mir erst kürzlich den kleinen
Finger gebrochen, und das hat mir heute vor allem in den Anstiegen Probleme bereitet", so Paez, der mit Bronze deshalb trotzdem zufrieden ist: "Ich habe mein Bestes gegeben, schließlich kann man
ein Rennen nicht immer gewinnen", so der WM-Dritte. Der frühe Ausriss Lakatas habe ihn überrascht, vor allem aber der weitere Verlauf des Rennens: "Lakata ist uns in der Abfahrt vom Grödnerjoch
davongefahren, ich hätte aber nicht geglaubt, dass er die Kraft hat, das Rennen von vorne zu fahren", so Paez.
Für das Mountainbike-Urgestein Gunn Rita Dahle-Flesjaa bedeutet der Sieg neben dem Olympiasieg 2004 den insgesamt zehnten Weltmeistertitel, nicht weniger als sechs davon hat sie im Marathon
eingefahren. Das Hero-WM-Rennen war für Dahle-Flesjaa wie für den Sieger bei den Herren, Alban Lakata, eine eindeutige Angelegenheit und ein klassischer Start-Ziel-Sieg. Schon nach einer halben
Stunde auf Dantercepies, dem mit knapp 2300 Metern höchsten Punkt des Rennens, hatte die 42-jährige Norwegerin einen Vorsprung von einer halben Minute auf ihre Verfolgerinnen, den sie bis ins
Ziel sogar auf über dreieinhalb Minuten ausbauen konnte.
So leicht, wie sich’s liest, war das Rennen für Dahle-Flesjaa allerdings nicht: "Mountainbike ist immer hart, aber diese Strecke ist noch um eine Spur härter", so die frischgebackene
Weltmeisterin. Sie sei an den letzten Anstiegen schon ziemlich ausgepowert gewesen, habe aber mit dem Blick auf ihre Verfolgerin Annika Langvad nicht locker gelassen: "Ich habe weiter gepusht,
weil ich wusste, dass Annika näher kommen und mir gefährlich werden kann", so die Norwegerin, die sich akribisch auf dieses Rennen vorbereitet hat. "Schon vor zwei Wochen bin ich die ganze
Strecke an einem Tag abgefahren", so Dahle-Flesjaa, die sich beeindruckt von Strecke und Landschaft zeigt: "Das ist ein großartiges Gebiet, um zu biken, und auch wenn’s heute nicht so gut
gelaufen wäre, wäre ich sicher gern wiedergekommen", so die Norwegerin.
Mit ihrem Husarenritt hat Dahle-Flesjaa die amtierende Weltmeisterin Annika Langvad auf den zweiten Platz verwiesen. Die sieht’s gelassen: "Ich bin sehr zufrieden mit diesem Vizeweltmeistertitel,
auch weil mir die Silbermedaille in meiner WM-Kollektion noch gefehlt hat", so Langvad. Sie habe gewusst, wie stark Dahle-Flesjaa sei, habe aber trotzdem auf ein engeres Rennen gehofft: "Ich
musste aber schon beim ersten Anstieg abreißen lassen, vielleicht auch, weil ich in den letzten Tagen gesundheitlich angeschlagen war", so die Dänin, die ergänzt: "Gerade bei einem so harten
Rennen darf man nicht den Fehler machen, anfangs zu überpowern."
Auf Platz drei landete mit der Deutschen Sabine Spitz eine weitere Mountainbike-Ikone, die mit Bronze ebenfalls "super zufrieden" (O-Ton Spitz) ist. Die Strecke des Südtirol Sellaronda Hero – bei
den Frauen 60 Kilometer lang mit 3400 Höhenmetern – sei eine überaus anspruchsvolle: "Ich bin diese Strecke nie unter Rennbedingungen gefahren, wusste deshalb nicht ganz so genau, wie ich das
Rennen einteilen sollte", so Spitz, "schließlich weiß man nie, wo der Mann mit dem Hammer steht". Sie sei deshalb ihren eigenen Rhythmus gefahren: "So habe ich nicht nur überlebt, sondern auch
noch eine Medaille gewonnen", so die deutsche Bronzemedaillen-Gewinnerin.
Die sechste Auflage des Südtirol Sellaronda Hero war nicht nur wegen der Kombination mit der Marathon-Weltmeisterschaft eine besondere. Vielmehr konnte der Hero in diesem Jahr auch einen neuen
Teilnehmerrekord verzeichnen. 2010 noch mit 400 Teilnehmern gestartet, waren am Samstag 4015 Mountainbiker aus nicht weniger als 50 Nationen am Start. Um die WM-Krone haben dabei 217 Elite-Fahrer
aus 40 Nationen gekämpft, darunter drei Olympiasieger, neun Weltmeister und fünf ehemalige Heroes.
Endstand Herren
1. Alban Lakata
AUT 4.24.46,0
2. Christoph Sauser
CH 4.26.53,9
3. Hector Leonardo Paez Leon COL 4.27.01,8
4. Periklis
Ilias
GRE 4.29.19,4
5. Damiano Ferraro
ITA 4.29.40,3
6. Marcus Kaufmann
DE 4.29.54,1
7. Samuele Porro
ITA 4.31.26,8
8. Roel Tony Paulissen
BEL 4.32.13,5
9. Lukas
Buchli
CH 4.34.28,4
10. Kristian Hynek
CZ 4.37.06,9
Endstand Damen
1. Gunn Rita Dahle-Flesjå NOR 3.34.13,6
2. Annika Langvad
DAN 3.37.31,8
3. Sabine
Spitz
GER 3.43.43,2
4. Ariane Kleinhans
CH 3.45.27,7
5. Sally
Bigham
GB 3.45.56,3
6. Yana Belomoyna
UA 3.51.57,9
7. Esther
Süss
CH 3.52.33,8
8. Christina Kollmann AUT
3.53.33,1
9. Lea
Davison
USA 3.55.57,0
10. Daniela Veronesi
ITA 3.57.13,7
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